Mehrere Presseorgane greifen gerade eine dpa-Meldung über HausHalten e.V. und di…

Mehrere Presseorgane greifen gerade eine dpa-Meldung über HausHalten e.V. und die Adaption der Wächterhaus-Idee in Ost- und Südeuropa auf. So wurden in kleineren Städten in Portugal und der russischen Hauptstadt Moskau bereits Modelle entwickelt, die von dem Konzept inspiriert seien. Hintergrund ist die Einladung des Vereinsvorstandes Fritjof Mothes durch das Goethe-Institut Estland nach Tallinn. 2007 wurde die estnische Hauptstadt aufgrund ihrer mittelalterlichen Architektur zum Weltkulturerbe ernannt worden. "Das schützt sie aber nicht vor dem Ausbluten. Immer mehr Einwohner verlassen Tallinn", sagt Eva Marquardt, Leiterin des Goethe-Instituts. Mit dem Wächterhauskonzept, so hofft sie, könnte auch die Stadt die Kreativen halten und alte Bausubstanz retten.

Erklärt wird das "erfolgreiche Konzept in Leipzig" so: "Mit der sogenannten Wächterhausinitiative sind viele leerstehende Eckhäuser wieder bewohnt und vor dem Verfall gerettet worden. Kreative, Künstler und Handwerker oder einfach Menschen mit wenig Geld passen dabei für eine niedrige Miete gewissermaßen auf leerstehende Immobilien auf. Kleineren Städten in Ost- und Südeuropa dient das Wächterhauskonzept nun als Blaupause."

Fritjof Mothes sagt, das Konzept sei für alle Beteiligten gewinnbringend – sowohl für die Eigentümer_innen, die trotz des schlechten Zustands der Gebäude wieder Mieten bekämen, als auch für die Bewohner_innen, die "Wächter", die vorübergehend für wenig Geld und mit viel Raum für kreative Gestaltungsmöglichkeiten wohnen können.

Nach einem kurzen Rückblick auf die Mitte der 2000er Jahre, als Leipzig die "Hauptstadt des Leerstands" war und der Verein HausHalten gegründet wurde, werden die beiden Mitbegründer und Stadtplaner Fritjof Mothes und Tim Tröger gefragt: "Hat sich das Konzept der Wächterhäuser durch die Gentrifizierung überlebt?" Nein, meinen beide. "Auch eine wirtschaftlich dynamische Stadt ist stets im Wandel begriffen. Da gibt es immer Leerstand und es ist besser, diesen zu nutzen“, sagt Tröger. Dabei verweist er auf das jüngste Wächterhaus am Stannebeinplatz in Schönefeld, einem Stadtteil, "der bislang nicht im Verdacht steht, trendig zu sein."

Die freie Journalistin Jenny Barke merkt an: "Indes haben in Leipzig immer mehr Alteingesessene Angst vor dem Boom und den steigenden Mieten" und fragt beide nach ihrer Ansicht dazu. Die Antwort von Mothes und Tröger lautet: Sie wüßten um die Probleme der Gentrifizierung in vielen zentralen Stadtteilen. Doch die Verdrängung alteingesessener Bewohnerschaft sei kein Problem der ganzen Stadt. "Wir wünschen uns einen differenzierteren Blick. Oft geht es eher um das Luxusproblem, dass die Leute nicht überall die Lieblingswohnung zum Schnäppchenpreis finden", sagt Mothes.

Beide widersprechen dem nicht selten geäußertem Vorwurf, dass Eigentümer_innen die Wächter_innen nur für ein paar Jahre ausnutzen und dann die Häuser gewinnbringend verkaufen würden. "Die Wächter wissen von Anfang an, dass sie die Gebäude nur für eine begrenzte Zeit nutzen können. Deshalb sind sie aber keine Opfer des Kapitalismus." Für einige von ihnen sei die Zeit im Wächterhaus auch ein Sprungbrett gewesen. Aus jungen Kreativen seien Jungunternehmer_innen geworden. Mit ihren Ideen bereicherten sie noch heute die Stadt.

Bislang einer der längsten Artikel auf Grundlage der dpa-Meldung:

LVZ online vom 14. Juni 2015
Wächterhäuser aus Leipzig werden zum Exportschlager
http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Waechterhaeuser-aus-Leipzig-werden-zum-Exportschlager

Sächsische Zeitung vom 14. Juni 2015
Aufpasser für leere Gebäude: Leipziger Wächterhäuser machen Schule
http://www.sz-online.de/sachsen/aufpasser-fuer-leere-gebaeude-leipziger-waechterhaeuser-machen-schule-3125593.html

Deutlich kürzer:
http://www.welt.de/regionales/sachsen/article142448124/Leipziger-Waechterhaeuser-machen-Schule-in-Estland.html
http://www.focus.de/regional/leipzig/kommunen-leipziger-waechterhaeuser-machen-schule-in-estland_id_4749637.html


Aufpasser für leere Gebäude: Leipziger Wächterhäuser machen Schule
www.sz-online.de
Menschen mit wenig Geld passen auf leere Häuser auf: Mit den Leipziger Wächterhäusern wird der Verfall von ungenutzten Immobilien in der Stadt gestoppt. Nun entwickelt sich die Initiative zum Exportschlager.