Der ewige Traum von der Kindheit auf dem Lande

In der Stadt wird die ländliche Großfamilie nachgebaut – mit den sozialen Bausteinen der Stadt: Freunde, Nachbarn, andere Familien

DIE WELT: “Voriges Jahr wurden in Deutschland so viele Babys geboren wie seit 2000 nicht. Gerade in Großstädten bekommen Familien mehr Kinder. … 737.630 Babys wurden im vorigen Jahr in Deutschland geboren, so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. Fast wären es 737.631 geworden, aber dann kam Lenka doch erst am 4. Januar zur Welt. Lenka ist nicht nur eines der vielen neuen Kinder in Deutschland. Sie steht auch für einen Trend: Sie wird als Stadtkind aufwachsen, wie die meisten in ihrer Generation. Die Kindheit auf dem Land gibt es immer seltener. …

Eines aber kann man sicher sagen: Die Stadtkinder laufen den Landkindern davon. Bezieht man die Zahl der Geburten in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen auf die Bevölkerung, wurden hier deutlich mehr Babys geboren als in den Flächenländern. In Berlin (3,5 Millionen Einwohner) kamen voriges Jahr über 38.000 Kinder zur Welt – in Brandenburg (2,45 Millionen) waren es nur rund 19.000 Kinder und damit im Verhältnis weniger. Und das, darin sind sich die Forscher einig, ist tatsächlich ein Trend. Städter kriegen mehr Kinder als Landbewohner. …

“Wir wohnen hier gemeinschaftlich”, sagt Podann, “nicht in der Anonymität der Großstadt. Unsere Kinder wissen genau, wer wo wohnt, wir gucken gemeinsam Fußball auf der Dachterrasse, wir haben ein freundliches, nachbarschaftliches Verhältnis.” Das klingt wie ein Dorfidyll mitten in der Großstadt. Und lautet nicht eine gern zitierte Maxime: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen? Auf die Stadt übertragen, heißt das: Es braucht Freunde, Nachbarn, andere Familien. Wo auf dem Land familiäre Strukturen greifen, wo etwa Großeltern auf das Kind aufpassen, suchen sich Familien in der Stadt dafür Ersatz. Sie bauen sich die ländliche Großfamilie nach – mit den sozialen Bausteinen der Stadt.

“Junge Familien ziehen bevorzugt in Neubaugebiete”, sagt Harald Rost, Soziologe am Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg. “Häufig dient eine soziale Gemeinschaft als Ersatz für die Großfamilie, die durch berufliche Mobilität heute oft auseinanderbricht.” Man hilft sich, knüpft ein Netz aus Familien, Eltern, Nachbarn. … .”

http://www.welt.de/politik/deutschland/article156928373/Der-ewige-Traum-von-der-Kindheit-auf-dem-Lande.html Quelle: Voriges Jahr wurden in Deutschland so viele Babys geboren wie seit 2000 nicht. Gerade in Großstädten bekommen Familien mehr Kinder. Doch der Wunsch nach dem Aufwachsen im Dorf bleibt stark. Warum?