Smarte Müllabfuhr? Von wegen!

#GoogleUrbanism: Algorithmen übernehmen #Stadtplanung, #öffentlicherRaum wird privatisiert. @evgenymorozov #SmartCity

Süddeutsche Zeitung: “”Google Urbanism” soll Städte schlauer, bequemer, nachhaltiger machen. In Wahrheit dient das Projekt aber nur Immobilienspekulanten – und öffentlicher Raum wird privatisiert. …

Alphabet nimmt Städte ernst. Seine leitenden Angestellten brachten die Idee auf, eine mit etlichen Problemen kämpfende Stadt wie Detroit mithilfe von Alphabet-Dienstleistungen neu zu erfinden. Etwa durch Stadtpläne, Verkehrsinformationen in Echtzeit, kostenloses Wlan (wie in New York), selbstfahrende Autos und vieles mehr. Im Jahr 2015 startete Alphabet hierfür die Stadteinheit “Sidewalk Labs”, geleitet von dem Wall-Street-Veteranen und ehemaligen stellvertretenden Bürgermeister New Yorks Daniel Doctoroff. Schon Doctoroffs Hintergrund ist ein Indiz dafür, worum es bei Google Urbanism geht: Die Datenkompetenz von Alphabet soll dazu genutzt werden, profitable Allianzen mit den anderen mächtigen Strippenziehern in den Städten zu schmieden, also Immobilienentwicklern oder institutionellen Investoren. …

Das langfristige Ziel von Alphabet besteht darin, die Hindernisse für die Akkumulation von Kapital in städtischen Umgebungen zu beseitigen – meist indem formelle Regeln und Einschränkungen durch weichere, auf Feedback basierende Ziele ersetzt werden. …

Hierin liegt das populistische Versprechen von Google Urbanism: Alphabet kann den Raum demokratisieren, indem es ihn durch Datenflüsse und billige, vorgefertigte Materialien an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen weiß. Das Problem ist nur, dass Alphabets “Demokratisierung” der Funktionen nicht durch eine Demokratisierung der Kontrolle und des Besitzes der städtischen Ressourcen erreicht wird. Deshalb ist auch die Nachfrage des Marktes das wichtigste Kriterium in Alphabets algorithmischer Demokratie, nicht die kommunale Entscheidungsfindung.

Dies führt in vielen Städten zur Privatisierung des öffentlichen Raums. Entscheidungen werden nicht mehr politisch getroffen, sondern an Vermögensverwalter und Banken delegiert. Google Urbanism würde diesen Trend nicht umkehren, sondern beschleunigen. Alphabet kennt das wahre Publikum für seine Städte: die Reichen dieser Welt. Die gern erzählten Geschichten von datengetriebener Nachhaltigkeit und algorithmisch begünstigten handwerklichen Lebensstilen haben den Zweck, den steigenden Wert von Immobilien zu rechtfertigen. Ein unzählige Daten sammelndes, mit Sensoren vernetztes Stadtprojekt wie von Google in Toronto und bald in anderen Städten dient nicht den jetzigen Bewohnern. Ziel ist es, die künftigen Bewohner zu beeindrucken – in diesem Fall vor allem die chinesischen Millionäre, die auf die kanadischen Immobilienmärkte strömen. … .”

http://www.sueddeutsche.de/kultur/digitaler-wandel-smarte-muellabfuhr-1.3721915