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Ein Foto in Sepiatönen, auf dem protzige Neubauten in Leipzig-Schleußig direkt an der kanalisierten Weißen Elster abgebildet sind.

Nach dem Boom – Wohnungspolitik in der Krise

Positionspapier »Leipzig – Stadt für alle«

26. Januar 2024

Krise auf dem Wohnungsmarkt
Der Wohnungsmarkt befindet sich in einer akuten Krise: Die Wohnungsknappheit in Leipzig ist so ausgeprägt wie zuletzt nach der Wiedervereinigung vor ca. 30 Jahren. Wer um- oder zuziehen will, findet auf den einschlägigen Wohnungsportalen kaum noch Angebote. Und die, die dort zu finden sind, sind teuer. Die Angebotsmieten sind auch während der Corona-Pandemie weiter gestiegen, wie die Entwicklung zwischen 2019 und 2022 zeigt. Dazu kommen die starken Anstiege der Nebenkosten seit Beginn des Krieges in der Ukraine, insbesondere bei den Heizkosten. Das stellt viele vor ganz grundlegende Existenzprobleme und die Wohnungslosigkeit nimmt sichtbar zu.

Nichts Neues: Mehr Menschen → mehr Bedarf

Ein Hintergrund der akuten Wohnungsknappheit ist die ungebrochene Zuwanderung nach Leipzig. Selbst in den Corona-Jahren wuchs die Bevölkerungszahl Leipzigs noch moderat weiter, 2022 war dann wieder ein Ausnahmejahr mit einem exorbitanten Wanderungssaldo von 16.399 Menschen, davon ca. 10.000 Geflüchtete aus der Ukraine. Und die Stadt rechnet mit weiterem Wachstum. In der Bevölkerungsvorausschätzung geht die Stadt in ihrer Hauptvariante von einem Wachstum auf ca. 664.000 Einwohner*innen bis 2040 aus (Stadt Leipzig 2023). Dafür werden weiterhin jährlich ca. 2.000–2.500 zusätzliche Wohnungen benötigt – vor allem preiswerte. Der Wohnungsbau bleibt jedoch hinter diesem Wachstum zurück, mit dem Krieg in der Ukraine brach der Bau ein. Bereits für 2023 sowie die kommenden Jahre muss mit deutlich niedrigeren Fertigstellungszahlen gerechnet werden. Damit tut sich zwischen der prognostizierten Nachfrage und dem rückläufigen Neubau eine Schere auf. Aber was passiert dann mit den Mietpreisen?

Wohnungspolitik in der Krise

Während der Corona-Pandemie hatte die Wohnungspolitik an Relevanz eingebüßt, andere Probleme waren dringlicher. Danach begann der Krieg in der Ukraine und verschob erneut die politischen Prioritäten. Nicht zuletzt die massive Fluchtmigration aus der Ukraine hat die Wohnungsfrage wieder auf die Agenda gebracht. Die Krise des Wohnungsmarktes wird gegenwärtig zu einer Krise der Wohnungspolitik, denn wesentliche Instrumente – wie z. B. die soziale Wohnraumförderung – funktionieren nicht mehr wie bisher. Wir fragen uns, wie die aktuelle Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzeptes der Stadt Leipzig auf diese neue Situation reagiert?
Aber wie weiter? In der Gegenwart gibt es keine einfache Lösung für die Wohnungsfrage, dennoch gibt es einige Forderungen, die wir an die Politik adressieren:

1. Umnutzung und Sanierung statt Neubau

Ein allgemeines Mantra, wenn es um die Schaffung von günstigem Wohnraum geht, ist „Bauen, bauen, bauen!“ Gerne von den Profiteuren der Immobilienwirtschaft (ZIA, BFW, DdW etc.) gefordert, bezieht sich diese Aussage auf einen angeblichen Sickereffekt, bei dem die Ausweitung des Wohnungsangebotes durch Neubau Umzugsketten auslöst. Unter den Bedingungen eines angespannten Wohnungsmarktes wie in Leipzig treten solche Sickereffekte jedoch nicht auf. Im Gegenteil – die obligatorische Erhöhung der Miete bei Neuvermietungen führt dazu, dass Wohnungen in höhere Preissegmente “wandern”. Der Neubau bedient weit überwiegend ein kleines Segment teurer Wohnungen für Gutverdienende und hat keine positiven Effekte im Bereich des preiswerten Wohnens für Normal- bzw. Geringverdiener*innen.

Folgekosten – Klimaschäden durchs Bauen

Nicht nur die Baukosten sind hoch, sondern auch die Folgekosten für das Klima, wenn neu gebaut wird. Um die Klimaschäden nicht größer werden zu lassen, ist an dieser Stelle auch eine umweltpolitische Kritik am Neubau, wie er derzeit meist gebaut wird, anzubringen. Die Stahlbetonbauten, wie sie fast ausschließlich gebaut werden, sind schon lange nicht mehr tragbar. Die Schäden, die durch die graue Energie der Bauteile, aber auch durch die Versiegelung der Flächen entstehen, sind groß. Der Fokus sollte demnach ein anderer sein:

Sanierung statt Neubau

Beim Bauen wird viel Energie verbraucht. Die Herstellung von Baumaterialien, deren Transport und der Bau selbst benötigen jede Menge fossiler Energie und verursachen hohe Emissionen. Die Weiternutzung bestehender Gebäude verbraucht jedoch deutlich weniger Energie als die Errichtung neuer Objekte. Hinzu kommt, dass für die Errichtung von Neubauten häufig Flächen frei gemacht und Gebäude abgerissen werden müssen. So werden Bestandsgebäude zu Sondermüll – anstatt zu neuem Wohn- oder Lebensraum. Aus unserer Sicht braucht es gute Umnutzungskonzepte, die ermöglichen, dass Bestandsgebäude eine zeitgemäße Nutzung bekommen. Es gibt bereits gute Beispiele für die Umnutzung von Gewerbeobjekten zu Wohnbauten. Trotz der herausfordernden verschiedenen Gebäudetiefen, haben Umnutzungen Potentiale, die auch genutzt werden sollten.
Es ist nicht zeitgemäß, weitere Flächen zu versiegeln. Die Freiflächen in der Stadt werden für die Durchlüftung, Grün und die Speicherung von (Regen-)Wasser gebraucht. Vor dem Hintergrund der Klima- und der finanziellen Kosten ist Sanierung statt Neubau das Gebot der Stunde.

2. Wohnungstausch vereinfachen

Schon länger ist klar, dass wir nicht mehr Fläche pro Kopf verbrauchen können. Viele wohnen in zu großen Wohnungen mit alten, günstigen Mieten – ein Umzug würde nicht nur Verkleinerung, sondern auch Mieterhöhung bedeuten. Wir fordern eine Vereinfachung des Wohnungstausches mit dem Verbot von Mieterhöhungen und wir wollen Tauschbörsen größerer Wohnungsunternehmen. Zudem ist es zu begrüßen, wenn in Neubauten Cluster-Modelle mitgedacht werden, um Wohnungen an veränderte Lebenssituationen anzupassen.

3. Ökologisch Bauen: Bauwende gestalten

Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass die vormals geltende Energieeinsparverordnung (EneV) keine Förderung des ökologischen Bauens bewirkte. Trotz ähnlicher Dämmwerte von Naturdämmstoffen sind auf fossilen Ressourcen basierende Baustoffe wie Styropor beliebter, da sie preiswerter sind. Die Energieeinsparverordnung wurde als politisches Instrument geschaffen, um Akteure zur Sanierung ihrer Gebäude anzuregen. Die EneV bewertet zum einen die Heizquelle eines Gebäudes und zum anderen die Dämmwerte der Gebäudehülle. Die gewonnene Einsparung des fertigen Gebäudes wird in verschiedenen Klassen eingeteilt, auf dessen Grundlage schließlich die Förderung basiert.

Ressourcensparend bauen

Es ist hinlänglich bekannt, dass z. B. für die Herstellung von Beton ein hoher Ressourcenbedarf besteht. Sand und Zement sind knappe Ressourcen (https://www.materialepyramiden.dk/) und im Gegensatz zu Holz nicht nachwachsend. Es muss also möglich – da notwendig – sein, ein neues Kriterium zur ökologischen Bewertung von Materialien zu schaffen, denn die Energiebilanz des gesamten Bauprozesses muss in einer Verordnung Berücksichtigung finden. Wir fordern, dass ausschließlich nachhaltige Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet werden dürfen, um so klimaneutral wie möglich zu bauen.

Nachhaltig planen

Alternativen zu diskutieren und zu fördern, ist die Aufgabe aller, die am Bau beteiligt sind. Jede*r kann Fragen an Auftraggebende und Planende stellen: Ist ein Holzbau möglich? Kann eine andere Zementklasse verwendet werden, Lehmbauplatten statt Gipskarton? Insbesondere bei Sanierungen. Wenn die Nachfrage in diesen Märkten steigt, sollten auch die Bedenken­träger*innen überzeugt werden. Die Offenheit und Bereitschaft zur Investition muss von staatlicher Seite gefördert werden.
Gleichzeitig müssen wir den Bedarf hinterfragen: Wie groß muss ein neues Büro sein? Wie kann ein Gebäude auch später genutzt werden? (https://www.architects4future.de/forderungen)

4. Vergesellschaftung – Prinzip Kostenmiete

Wohnungsunternehmen bauen nur, wenn sie entsprechende Profite erzielen können. Das passiert aber immer auf Kosten der Mieter*innen. Wenn es diese Profite nicht geben würde, wären die Mieten günstiger. Wir fordern also eine Vergesellschaftung von Wohnraum, ob als Genossenschaften, in Selbstorganisation oder kommunaler Hand. Ein Mittel, um dieser ein Stück näher zu kommen, wären die Wiedereinführung der Neuen Wohnungsgemein­nützigkeit, der sofortige Stopp der Veräußerung kommunaler Flächen, die Nutzung von Vorkaufsrechten und die Förderung von Hausprojekten.

5. Mietenstopp

Die Mieten sind in den letzten Jahren auch in Leipzig weiter gestiegen und legten selbst in den Corona-Jahren 2020 und 2021 weiter zu, die Bestandsmieten und die Angebotsmieten stiegen jeweils um 7,3 % (AWS 2022, S. 7). Wir schließen uns den Forderungen der Mietenstopp-Kampagne an: Um Mieter*innenhaushalte nicht noch weiter finanziell zu überfordern, müssen Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen differenziert nach Wohnungsmärkten für sechs Jahre stärker begrenzt werden. Beim Abschluss neuer Mietverträge sind Mieter*innen der angespannten Marktsituation besonders ausgesetzt. Deshalb muss die Mietpreisbremse deutlich nachgeschärft werden und bundesweit gelten. Die aus Modernisierungen resultierenden Preissteigerungen sind für sehr viele Mieter*innen nicht leistbar. Daher soll die Mieterhöhung nach Modernisierung und Energieeinsparungs­maßnahmen ab sofort von bisher 8 % auf höchstens 4 % der Investitionskosten gesenkt und zusätzlich gedeckelt werden. (https://mietenstopp.de)

6. Sozialer Wohnungsbau zu sozialen Mieten

Oberbürgermeister Jung hat in seinem Wahlkampf 2020 vollmundig 10.000 sozial geförderte Wohnungen bis 2030 versprochen. Das Programm des Freistaats Sachsen der sozialen Wohnungsförderung läuft jetzt seit 2017, seitdem wurden 631 Wohnungen im Neubau und in der Sanierung sozial gefördert, weitere 1134 Wohnungen sind vertraglich gebunden (AWS 2022). Wenn in diesem Tempo weiter gefördert und gebaut bzw. saniert wird, dann wird dieses politische Ziel weit verfehlt. Zudem kommen die neuen Sozialwohnungen derzeit mit 6,50 €/m² Kaltmiete auf den Markt – viel zu teuer. Darüber hinaus ist die derzeitige Bindungsdauer der geförderten Wohnungen mit 15 Jahren viel zu kurz. Wir fordern eine deutliche Steigerung des sozialen Wohnungsbaus, die Aufhebung der zeitlichen Befristung der Bindung und eine Fokussierung auf Wohnungsmarktakteure wie die LWB, Genossen­schaften und Hausprojekte. Zudem muss die soziale Wohnraumförderung auf Sanierung und Umnutzung im Bestand konzentriert werden, da Neubau teuer und klimaschädlich ist. Außerdem müssen viel mehr Belegungsbindungen im Bestand gekauft werden, um die Zahl der Sozialwohnungen deutlich zu erhöhen.

7. Leerstand aktivieren

Seit vielen Jahren gibt es in Leipzig eine immer wieder neu aufflammende Debatte über die Zahl der leerstehenden Wohnungen und die Leerstandsquote. Teile der Wohnungswirtschaft werfen der Stadtverwaltung regelmäßig vor, diese künstlich herunterzurechnen und verweisen auf die Leerstände in ihren Beständen. Genaue Zahlen zum Leerstand werden erst die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) im Rahmen des Zensus 2022 erbringen, die Mitte 2024 veröffentlicht werden sollen. Insgesamt sind es mehrere tausend leerstehende Wohnungen, die kurzfristig oder nach einer umfassenden Sanierung wieder vermietet werden könnten. Allerdings hat die Kommune so gut wie keine Möglichkeiten, Eigentümer*innen leerstehender Gebäude und Wohnungen zur Sanierung und Wiedervermietung zu bewegen und gegebenenfalls sogar zu zwingen. Das in Arbeit befindliche Zweckentfremdungsverbot des Freistaats Sachsen sieht jedoch 12 Monate Leerstand vor – viel zu lange. Der Oberbürgermeister muss weiter bei der Landesregierung darauf drängen, das das geplante Zweckentfremdungsverbot auch wirksam ist.

8. Housing First

Housing First, also die bedingungslose Zurverfügungstellung von Wohnungen für obdachlose Menschen, wird in einigen Ländern weltweit umgesetzt. Im bekanntesten Fall Finnlands zeigt sich, dass das Housing First-Modell eine effektive Methode ist, um Obdachlosigkeit zu reduzieren und das Wohlbefinden der Betroffenen zu verbessern. Bundesweit gibt es mittlerweile mehrere Housing-First-Programme in verschiedenen Städten. Erste Untersuchungen zeigen hier vielversprechende Erfolge, auch beim Leipziger „Modellprojekt Eigene Wohnung“. Wir fordern die dauerhafte Verstetigung des Modellprojektes. Durch die Stadt Leipzig soll ein Programm entwickelt werden, das die langfristige Bereitstellung von Wohnungen neben der LWB auch privaten Vermieter*innen und Wohnungsbaugenossen­schaften attraktiv macht.

9. Öffentliche Debatte

Die Erarbeitung des wohnungspolitischen Konzepts wurde 2014/15 mit partizipativen Verfahren begleitet unter großer Beteiligung von Bürger*innen. Die derzeitige Fortschreibung des Konzepts findet nur mit ausgewählten Akteur*innen hinter verschlossenen Türen statt. Angesichts der dramatisch veränderten Situation auf dem Wohnungsmarkt fordern wir eine breite öffentliche Diskussion und die Beteiligung der Bürger*innenschaft! Dies sollte durch öffentliche Podien und unterschiedliche Beteiligungsformate gewährleistet werden.

Wir mischen uns weiter ein!

Literatur

Die Mietpreispolitik der LWB – Hintergründe, Notwendigkeiten, Konsequenzen

Solidarisch oder polarisierend?

Zeit: Freitag, 27. Oktober 2023, 18 bis 20 Uhr
Ort: Volkshaus, Erich-Schilling-Saal (5. Etage), Karl-Liebknecht-Str. 30/32

Die Mietererhöhungen des kommunalen Wohnungsunternehmens LWB erhitzen die Leipziger Gemüter. Das Unternehmen selbst verteidigt seine jährlich über 6000 Erhöhungen auf Grundlage des qualifizierten Mietspiegels als solidarisches Modell: Das Einnahmewachstum soll Stadtteilen mit geringerer Vergleichsmiete zu Gute kommen und sei für die Bewältigung der Sanierungs- und Neubauvorhaben des Unternehmens nötig. Kritiker:innen der systematischen Erhöhungspraxis argumentieren, dass auf diese Weise Stadtteile gegeneinander ausgespielt, die Stadtgesellschaft gespalten und Geringerverdienende aus ihren innerstädtischen Quartieren verdrängt werden. Sie berufen sich auf das vom Stadtrat 2018 beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK), dessen Ziel eine soziale Mischung in allen Wohnquartieren ist. Daher fordern sie, dass die LWB als städtisches Tochterunternehmen ihre Geschäftspraxis an dieser Prämisse ausrichtet. In der Podiumsdiskussion werden ein:e Unternehmensvertreter:in der LWB, zwei Mieter:innen und der Stadtsoziologe Dieter Rink gemeinsam das Für und Wider der Erhöhungspraxis diskutieren, Hintergründe, Notwendigkeiten und Konsequenzen dieses Vorgehens beleuchten und nach einer für alle Seiten gangbaren Lösung suchen.

Podium und Diskussion mit:

  • Andreas Dohrn (Aufsichtsrat LWB)
  • Prof. Dr. Dieter Rink (Dept. Stadt- und Umweltsoziologie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Leipzig)
  • Carsten Möller
  • Miriam Paulsen (LWB-Mieter*innen)
  • Moderation: Manuela Grimm (DGB Leipzig-Nordsachsen).

Veranstaltet vom Netzwerk “Leipzig – Stadt für alle” und DGB Leipzig-Nordsachsen

Fest der Nachbarschaften

Fest der Nachbarschaften

Initiativen für bezahlbares Wohnen vernetzen sich

Am 25. September veranstalten verschiedene wohnungspolitische Initiativen aus Leipzig erstmalig das Fest der Nachbarschaften. Es findet zwischen 14 und 18 Uhr auf dem Alexis-Schumann-Platz in der Südvorstadt statt. Das Fest ist eine Anlaufstelle für Mieter*innen, die sich mit ihrer bedrängten Wohnsituation nicht länger abfinden wollen und nach Austausch und Vernetzung suchen. Es ist darüber hinaus ein Signal an Immobilienwirtschaft und Politik, dass eine grundsätzliche Wende in der Wohnraumversorgung notwendig ist.

Wie in anderen Großstädten spitzt sich auch in Leipzig die Lage am Wohnungsmarkt zu. Das fängt bei der Miete an, die regelmäßig erhöht wird, ohne dass sich die Wohnqualität verbessert. Es geht weiter mit der Mietbelastungsquote, die im Durchschnitt bei 30 % und bei unteren Einkommensgruppen bis zu 46 % beträgt. Es endet bei der Verdrängung von Mieter*innen aus den Quartieren, die in wenigen Fällen öffentlich wird, häufig aber unsichtbar bleibt, wie bei den vielen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen. Zum Auszug getrieben, finden die Betroffenen in ihren Wohngegenden keine bezahlbaren Angebote. Es wird zu wenig gebaut und zu teuer. Selbst öffentlich geförderte Wohnungen sind mit einer Miete von 6,50 € und einer 15-jährigen Belegungsbindung keine Alternative, zumal sie ohnehin nur für jene infrage kommen, die sich am Markt nicht selbst versorgen können, mit Wohnen als öffentliches Gut aber nichts zu tun haben. Wohnungskonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen gewinnen immer mehr Einfluss. An den Kapitalmärkten sind sie auf die Steigerung der Dividende angewiesen; Leidtragende sind die Mieter*innen. Aber auch kommunale Eigentümer sind nicht in jedem Fall gemeinwohlorientierte Unternehmen, wie die LWB bewiesen hat als sie während der Pandemie die Mieten im Musikviertel erhöhte.

Diese Entwicklung wird politisch nur zaghaft gebremst. Eine echte Trendwende für eine marktferne Wohnraumversorgung ist nicht erkennbar. Das wirft die Frage nach Demokratie auf: Wer entscheidet eigentlich darüber, was in der Stadt passiert? Wie werden die Bedürfnisse und Lebensrealitäten der Menschen, die hier wohnen politisch abgebildet? Mit dem Fest der Nachbarschaften, in dessen Zentrum eine offene Versammlung von Mieter*innen steht, soll eine Debatte darüber angestoßen werden, wie wir in der Stadt gemeinsam leben wollen und wie wir unseren Vorstellungen Kraft verleihen können.


Über die Veranstalter*innen:
Das Fest der Nachbarschaften wird von verschiedenen Leipziger Initiativen ausgerichtet, die sich für eine soziale Wohnraumversorgung und eine gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft einsetzen. Wir beraten Mieter*innen, organisieren Protest, entwickeln politische Forderungen und machen Vorschläge für eine alternative Wohnungspolitik. Die beteiligten Initiativen sind:

  • IG Kantstraße
  • Leipzig für alle: Aktionsbündnis Wohnen
  • Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe
  • Nachbarschaftsinitiative Musikviertel
  • Netzwerk – Leipzig Stadt für alle
  • Solidaritätsnetzwerk Leipzig
  • Vernetzung Süd – Stadtteilinitiative aus Connewitz & Südvorstadt
  • Wohnprojekt Thierbacher Straße 6

Kontakt:
E-Mail:
Twitter: @Mieterinnenfest

das ganze Baugesetzbuch

Wir wollen nicht nur sechs kleine Milieuschutzgebiete, sondern das ganze Baugesetzbuch – und noch mehr!

Das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ setzt sich seit 2017 intensiv für die Einführung sogenannter Milieuschutzgebiete ein. Wir freuen uns, dass unsere Forderungen aus der Pressemitteilung vom 9. Juni 2020 nun zum Teil umgesetzt werden und mit den ersten sechs Gebieten etwa 48.000 von insgesamt 343.000 Haushalten in Leipzig (also ca. 14 Prozent) einen gewissen Schutz vor Luxusmodernisierungen und den damit verbundenen Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen erhalten.

Das ist jedoch nicht genug! Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen fordern wir deshalb:

1. Milieuschutzgebiete ausweiten und weitere Quartiere auf Anwendbarkeit der sozialen Erhaltungssatzung prüfen!

Seit Sommer 2020 bestehen in sechs sogenannten Milieuschutzgebieten in Leipzig soziale Erhaltungssatzungen nach § 172 des Baugesetzbuches (BauGB). Rings um die Eisenbahnstraße, am Lene-Voigt-Park, in weiten Teilen von Connewitz, Lindenau und Altlindenau sowie in einem kleinen Bereich von Eutritzsch soll damit die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen erhalten werden. Nun können in den genannten Gebieten durch die Stadtverwaltung bauliche Maßnahmen unterbunden werden, wenn durch diese eine Verdrängung ansässiger Bevölkerungsgruppen zu befürchten ist.

Bei der Ratsversammlung am 14. Oktober wird auf Vorschlag der Stadtverwaltung darüber diskutiert und abgestimmt, ob für vier zusätzliche Gebiete Aufstellungsbeschlüsse getroffen und ein detaillierte Untersuchungen beauftragt werden sollen. Die betreffenden Gebiete in Kleinzschocher, Plagwitz, Leutzsch und Altlindenau grenzen z. T. unmittelbar an die bereits beschlossenen Milieuschutzgebiete an und sind den gleichen immobilienwirtschaftlichen Prozessen unterworfen. Sie sind von den bisherigen Satzungen nur deshalb nicht erfasst worden, weil bei den Haushaltsbefragungen zu wenige Mieter_innen erreicht wurden, sodass keine ausreichende Datengrundlage zustande kam. Dennoch wurde in der ersten Detailuntersuchung für den Leipziger Westen das Aufwertungspotenzial in den neuen Teilgebieten in Kleinzschocher, Plagwitz, Altlindenau und Leutzsch bereits als hoch eingestuft. Daraus folgte die Empfehlung, die genannten Gebiete im Zusammenhang mit ihrer Umgebung vertiefend zu untersuchen.

Wir fordern die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen daher auf, den Weg für eine solche Untersuchung und die Erweiterung der Milieuschutzgebiete freizumachen und den Aufstellungsbeschlüssen zuzustimmen.

Bei der im April 2020 durchgeführten Detailuntersuchung für den Stadtraum Nord wurden neben dem mittlerweile beschlossenen Satzungsgebiet in Eutritzsch auch ein kleiner Teil von Gohlis untersucht und dabei ein signifikantes Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial nachgewiesen. Zugleich erwies sich dieses Gebiet jedoch als zu klein für einen sinnvollen Satzungsbeschluss.

Für das Untersuchungsgebiet Gohlis und die potenziellen Erweiterungsgebiete links und rechts der Georg-Schumann-Straße, besser aber ausgreifend bis nach Möckern oder Wahren sollte daher ebenfalls bald ein Aufstellungsbeschluss getroffen und eine erneute Untersuchung eingeleitet werden.

In ähnlicher Weise gilt dies für bislang noch nicht untersuchte Bereiche der Stadt mit einem hohen Anteil an gründerzeitlicher Bausubstanz wie etwa in Schönefeld, Sellerhausen-Stünz oder Stötteritz.

2. Wirksamkeit der Milieuschutzgebiete erhöhen und weitere Instrumente zur Anwendung bringen!

Die Milieuschutzgebiete sind eines der schärfsten der vielen eher stumpfen Schwerter im Arsenal der Wohnungspolitik. Dieses Schwert kann und muss noch weiter geschärft und damit besser nutzbar gemacht werden. Dazu ist in erster Linie ein Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nötig. In der Bundesregierung und im Bundestag hat die Auseinandersetzung um ein wirksames Umwandlungsverbot im Rahmen der geplanten Novellierung des Baugesetzbuches jüngst an Dynamik gewonnen gewonnen; der Ausgang ist jedoch ungewiss.

Die sächsische Landesregierung will derweil laut Koalitionsvertrag, den Kommunen ermöglichen, „bei Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, zu denen „Instrumente wie die Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen sowie Zweckentfremdungs- und Umnutzungsverbote“ zählen. Das zuständige Staatsministerium für Regionalentwicklung unter Thomas Schmidt (CDU) zeichnet sich diesbezüglich jedoch bisher durch Untätigkeit aus. Wie zuletzt im Juni 2020 vom Leipziger Stadtrat beauftragt, sollten sich Oberbürgermeister und Stadtverwaltung dringend für entsprechende landesrechtliche Regelungen einsetzen.

Bei den anstehenden Verhandlungen über den städtischen Haushalt müssen überdies unbedingt ausreichende Mittel vorgesehen werden, um in den Milieuschutzgebieten wo nötig das kommunale Vorkaufsrecht an Mietshäusern nutzen zu können. Da dieses in der Regel zugunsten Dritter – der kommunalen Wohnungsgesellschaft, Genossenschaften oder anderen gemeinwohlorientierten Trägern – ausgeübt wird, fallen effektiv nicht die vollen Kaufpreise als städtische Ausgaben an. Sinnvoll sind jedoch Zuschüsse, durch die auch bei hohen Preisen bezahlbare Mieten erhalten werden können. Solche leistet beispielsweise das Land Berlin, wo mehrere Bezirke eine effektive Praxis zur Nutzung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten entwickelt haben.

Wir fordern die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen daher auf, sich sowohl im Stadtrat – insbesondere bei der Erstellung des nächsten Haushalts – als auch bei ihren Parteien und Fraktionen auf Landes- und Bundesebene dafür einzusetzen, die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Nutzung weiterer Instrumente in Milieuschutzgebieten und darüber hinaus zu schaffen!

3. Sozialplanung nach § 180 BauGB wieder aufnehmen!

Um Mieter_innen wirksam vor starken Mietsteigerungen und Verdrängung zu schützen, sollten des Weiteren die Instrumente der Sozialplanung nach § 180 BauGB genutzt werden, wie dies zu Beginn der 1990er Jahre in Leipzig bereits erfolgreich praktiziert wurde.

Sozialpläne können Maßnahmen vorsehen, die nachteiligen Auswirkungen von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen auf die Lebensumstände der in dem Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen vermeiden oder mildern.

4. Einführung von Verordnungsmieten auf der Grundlage gebietsspezifischer Mietspiegel prüfen!

Damit die Stadtverwaltung sinnvoll prüfen kann, ob Modernisierungen in Milieuschutzgebieten über den zeitgemäßen Ausstattungsstandard hinausgehen, sind stringente Prüfkriterien erforderlich. Einige Bezirke in Berlin nutzen hierzu die Messung einer Verordnungsmiete, die auf gebietsspezifischen Mietspiegeln basiert. Nach einer Modernisierung veranschlagte Mieten müssen im Rahmen der Verordnungsmiete liegen, damit eine Modernisierungsmaßnahme nicht als Gefährdung der Ziele des Milieuschutzes gilt. Andernfalls wird sie untersagt. Die gebietsspezifischen Mietspiegel sind dabei auf wissenschaftlicher Grundlage und statistisch fundiert zu erstellen.

Wir bitten die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen, sich mit ihren Parteifreund_innen in den betreffenden Berliner Bezirken zu beraten, inwieweit das Instrument der Verordnungsmieten auch in Leipzig sinnvoll und rechtssicher eingesetzt werden kann. Bei positiver Prüfung sollte der Stadtrat die Stadtverwaltung bald mit der Umsetzung beauftragen.

Wir Leipziger Mieter_innen leben in einer Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt. Auch wenn die Corona-Pandemie und ihre gesellschaftlichen Folgewirkungen vermutlich einige Änderungen mit sich bringen, wird sich die Situation insbesondere für Menschen, die nur über niedrige Einkommen verfügen und/oder aus anderen Gründen auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt werden, nicht so schnell ändern. Daher müssen die bestehenden wohnungspolitischen Instrumente zur Anwendung gebracht, ausgeweitet und verbessert werden sowie neue Maßnahmen entwickelt werden.

Pressemitteilung: Für eine politische Vertretung der Mieter*innen in Leipzig

Das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ fordert mehr politisches Engagement des Mietervereins Leipzig

Gemeinsam mit anderen Initiativen ruft das Netzwerk Mieterinnen und Mieter dazu auf, Mitglied im Mieterverein Leipzig (MVL) zu werden, um ihre eigenen Interessen bei der Erhaltung bezahlbarer Mieten künftig durch den Verein vertreten zu können. Die Mitglieder des MVL lädt „Stadt für alle“ ausdrücklich zur Teilnahme an der Mitgliedervollversammlung am 21. Oktober 2019 um 16 Uhr in der Geschäftsstelle (Hans-Poeche-Str. 9) ein.

Der Aufruf beinhaltet unter anderem Forderungen an den MVL wie kostenlose Mietberatung in den zu errichtenden Leipziger Milieuschutzgebieten, attraktivere Beratungsangebote sowie eine bessere Öffentlichkeitsarbeit verbunden mit einem verstärkten mietenpolitischen Engagement des Mietervereins.

Tobias Bernet für Stadt für alle: „Wohnen und Mieten gehören zu den drängenden Probleme in der Stadt. Wir sehen in den letzten Jahren aber nicht, dass sich der MVL energisch für die Wahrnehmung der Interessen der Mieter*innen in Leipzig und für eine soziale Wohnungs- und Mietenpolitik einsetzt. Deswegen wollen wir den Mieterverein ermächtigen, eine tatsächliche Mieter*innenvertretung zu werden – weg von reinen Beratungsleistungen hin zur politischen Initiative.“

Der Aufruf »Für eine politische Vertretung der Mieter*innen in Leipzig« wird unterstützt von:

Mietenwahnsinn-Demo in Leipzig 2019 (Stadtbiblitothek)

Redebeitrag bei der #Mietenwahnsinn-Demo am 6. April 2019

Vor über sieben Jahren haben wir das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ gegründet. Unser Ziel war damals, dass städtisches Eigentum nicht weiter privatisiert wird und die Stadt der Mietenentwicklung durch eine aktive Wohnungs- und Bodenpolitik entgegengewirkt.

Als dann aber das Wohnen immer teurer wurde, konnten wir aus der Stadt vernehmen, dass die Mieter_innen sich einfach an steigende Mieten gewöhnen müssten. Gentrifizierung sei in einer wachsenden Stadt ganz normal. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Stadt Leipzig es verschlafen hat, große Flächen selbst zu entwickeln. Die Freude über das Interesse privater Investoren schien zu groß, als die Chance für eine andere, soziale Bodenpolitik wahrzunehmen.

Und heute? Sich beklagen, dass große Bauflächen, wie der Bayerische oder der Eutritzscher Bahnhof an private Unternehmen wie die Leipziger Stadtbau AG verkauft wurden und diese die Gebiete jetzt entwickeln? Und sich beschweren, dass die CG-Gruppe, einer der größten Projektentwickler Deutschlands, jetzt das gleiche macht wie in Berlin, Hamburg und sonst wo? Nämlich entwickeln, dann weiterverkaufen und dickes Geld verdienen. Der Leipziger Wohnungsmarkt funktioniert nach den gleichen Regeln wie anderswo. Worauf wartet die Politik denn nur, bis sie endlich in die Stadtentwicklung eingreifen will?

Dass Leipzig ein Wohnungsproblem hat, ist auch in der Presse und in der Breite der Stadtgesellschaft angekommen. Uns wird aber der Mythos vorgesetzt, der Neubau von Wohnungen sei das Allheilmittel, um den Mietwohnungsmarkt zu entlasten.

Seit über sieben Jahren versuchen wir, von “Leipzig – Stadt für alle” mit solchen Mythen aufzuräumen – also los:

Es stimmt einfach nicht, dass nur das Wohnungsangebot ausgeweitet werden muss, um die Nachfrage zu entlasten. Selbst teurer Neubau wie am Bayerischen Bahnhof, so wird behauptet, schaffe durch Umzugsketten freie Wohnungen im preiswerten Segment. Aber auch die gut verdienenden Mieter_innen wollen günstig wohnen und konkurrieren mit allen anderen um die wenigen preiswerten Wohnungen. Und dort, wo die Nachfrage schon sehr hoch ist, sind oft auch die Mieten hoch. Hier teuren Neubau zu schaffen, löst nicht das Problem, sondern führt sogar dazu, dass in den angrenzenden Stadtteilen die Miete steigt. Wir brauchen nicht nur mehr Wohnungen, sondern (– ja, mehr – aber vor allem) mehr bezahlbare Wohnungen!

Aber solange es attraktiv bleibt, mit Wohnungen im Luxussegment hohe Rendite zu machen, wird kein preiswerter Wohnraum geschaffen.

Um das zu ändern, gibt es politische und stadtplanerische Mittel, die aber spät und zu zögerlich zum Einsatz kommen. Soziale Erhaltungssatzungen können die bestehenden niedrigen Mieten schützen. Mit Bebauungsplänen müssen in den neuen Quartieren preiswerte Wohnungen geschaffen werden. Denn Politik und Verwaltung können sehr wohl – anders als ein weiterer Mythos behauptet – Einfluss auf große private Investitionsprojekte nehmen. Im Baurecht gibt es weitere Möglichkeiten, genau auf die Situation in Leipzig zu reagieren.

Trotz der verpassten Chancen der Stadt, Gebiete selbst zu erwerben, kann sie regulierend auf die Bebauung einwirken. Es ist nicht alles zu spät. Kommunalpolitik und Verwaltung müssen aber auch handeln wollen – oder sind sie zu behäbig zum Planen?

Wir wollen uns nicht mit dem Verweis auf angebliche Sachzwänge abfrühstücken lassen. Es wird gesagt, die Stadt habe kein Geld, um utopische Wohnungspolitik zu machen. Ein Grund mehr, das Wohnungsproblem in den Griff zu bekommen! Denn wenn die Miete steigt, steigen auch die staatlichen Zuschüsse für Haushalte mit wenig Geld. Bund und Kommune müssen diese zusätzlichen Kosten dann übernehmen. Die einzigen, die davon profitieren, sind die Vermieterinnen und Vermieter.

Wie es anders geht?

In Leipzig gründen sich Genossenschaften und zeigen, wie ohne Renditeerwartungen saniert oder neu gebaut wird. In Berlin ist eine breite Bewegung für die Enteignung großer profitgetriebener Wohnungsgesellschaften entstanden. Vorschläge für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und die Stärkung öffentlichen Wohneigentums liegen längst auf dem Tisch.

Denn entgegen der Behauptung, wir würden uns der Herausforderung einer nachhaltigen Stadtentwicklung nicht stellen, üben wir strukturelle Kritik und schlagen Lösungen vor. Wir wollen uns nämlich gar nicht an hohe Mieten gewöhnen, sondern von einem anderen Wirtschaften erzählen.

Es geht nicht um Mitsprache bei vorgestanzten Beteiligungsverfahren, sondern um eine selbstbestimmte gesellschaftliche Bewegung für eine Stadt für alle. Die Mieter_innen selbst sind es, die Alternativen zum bisherigen Markt vorleben und aufzeigen.

Es geht darum, sich Orte dieser Stadt wieder anzueignen, die das Leben in der wachsenden Stadt lebenswert machen. Mieten und Wohnen sind zentrale Aspekte dieser politischen Aushandlung.

Bleiben wir also Teil dieser Aushandlung, bleiben wir Teil einer Bewegung von Mieter_innen für Mieter_innen – dann wird das schon mit dem guten Leben.

(Dankeschön)


Der Redebeitrag wurde anlässlich der #Mietenwahnsinn-Demo 2019 gehalten. In Leipzig waren dem Aufruf von Leipzig für alle: Aktionsbündnis Wohnen 3.000 bis 5.000 Menschen gefolgt. In fast 20 deutschen Städten demonstrierten mindestens 55.000 Menschen gegen hohe Mieten, Verdrängung und Mietenwahnsinn. Auch europaweit gingen in 22 weiteren Städten Menschen auf die Straße. Bereits im Vorfeld der Demonstrationen gab es in diesen und weiteren Städten Aktionen.

Offener Brief zu Milieuschutz und Vorkaufsrechten

Pressemitteilung

Offener Brief an die Stadt Leipzig:
Endlich ernst machen mit einer Wohnungspolitik für eine wachsende Stadt! Milieuschutz und Vorkaufsrechte jetzt!

Das Netzwerk Leipzig – Stadt für alle und verschiedene Verbündete aus der Zivilgesellschaft, darunter der Mieterverein Leipzig, haben heute einen Offenen Brief an die Stadt Leipzig geschickt (vgl. Anhang).
In diesem fordern sie, dass endlich wirksame Maßnahmen gegen die Verdrängung von Mieter_innen ergriffen werden.

Die Leipziger Wohnungspolitik hinkt der Entwicklung der Stadt schmerzlich hinter. Im 2015 verabschiedeten Wohnungspolitischen Konzept (WoPoKo) wurden verschiedene Maßnahmen für einen angespannten Wohnungsmarkt in Aussicht gestellt. Passiert ist seither wenig.

Die Erstunterzeichner_innen des Briefes an den Stadtrat, den Oberbürgermeister, die zuständigen Bürgermeister_innen und Amtsleiter_innen verlangen insbesondere, dass die Stadt so schnell wie möglich das städtebaurechtliche Instrument der Erhaltungssatzung (“Milieuschutz”) und die damit verbundenen Vorkaufsrechte nutzt.

“Dies ist eine konkrete, auf kommunaler Ebene umsetzbare Maßnahme, die unfaire Entmietungen unterbinden kann”, sagt Tobias Bernet vom Netzwerk Leipzig – Stadt für alle.
“Aktuelle Beispiele aus Berlin belegen die Wirksamkeit dieses Vorgehens. Durch einen wirksamen Milieuschutz könnte die Stadt Leipzig das überfällig Signal aussenden, dass unsoziale Verwertungspläne auch hier keine willkommenen ‘Investitionen’ sind.”

Anlass für den Offenen Brief ist unter anderem ein krasses, aber nicht untypisches Beispiel:
Vor Kurzem kündigte der Geschäftsführer der Immobilienfirma “S Immo Germany” in einem Zeitungsartikel unverhohlen an, ein kürzlich in Leipzig erworbenes Haus “entmieten” und die Miete verdoppeln zu wollen (vgl. https://www.derstandard.de/story/2000064978070/oesterreicher-wollen-gefaehrlichste-strasse-deutschlands-aufmoebeln).

Die Erstunterzeichner_innen des Offenen Briefes finden es höchst bedenklich, dass ein solch unsoziales und möglicherweise rechtswidriges Vorgehen öffentlich angekündigt wird. Wohnungsmarktprofiteur_innen in Leipzig rechnen offenbar nicht damit, daran gehindert zu werden.

Weitere Unterzeichner_innen können sich ab dem 9. November online eintragen unter https://leipzig-stadtfueralle.de/unterzeichnen/

Offener Brief: Antwort zur Stellungnahme der LWB vom 27.03.2017

An
Frau Iris Wolke-Haupt, Frau Ute Schäfer, Geschäftsführerinnen der LWB
Kerstin Fischer-Kames, Geschäftsstellenleiterin SüdWest
Herrn Torsten Bonew, Herrn Dieter Deissler, Herrn Prof. Dr. Georg Donat, Frau Ingrid Glöckner, Frau Dr. Sabine Heymann, Frau Annette Körner, Frau Karola Lange, Herrn Heiko Oßwald, Herrn Siegfried Schlegel, Herrn Steffen Wehmann, Herrn Michael Weickert, Aufsichtsräte und Aufsichtsrätinnen der LWB
Frau Dorothee Dubrau, Aufsichtsratsvorsitzende der LWB und Baubürgermeisterin
Herrn Burkhard Jung, Oberbürgermeister
Frau Katharina Krefft, Herrn Sören Pellmann, Herrn Frank Tornau, Herrn Norman Volger, Herrn Christopher Zenker, Herrn René Hobusch, Fraktionsvorsitzende im Stadtrat

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Februar 2017 hatten LWB-Mieter*innen aus der Südvorstadt und Connewitz einen offenen Brief an Sie gerichtet. Darin forderten wir das Ende des stillen Leerzugs – keine Neuvermietung frei werdender Wohnungen – der ca. 300 Wohneinheiten in un- und teilsanierten Häusern in unseren Stadtteilen sowie Transparenz und Beteiligung bei den Sanierungs- und Modernisierungsplanungen. Diesen Brief hatten etwa 100 LWB-Mieter*innen, also die Mehrheit der noch in den betroffenen Häusern verbliebenen, unterzeichnet. Die Antwort der LWB-Geschäftsführung, die wir am 27.03.2017 erhalten haben, ist äußerst vage und verweigert sich einem Dialog auf Augenhöhe. Mit diesem zweiten offenen Brief möchten wir erneut versuchen, einen solchen aufzunehmen, zumal wir glauben, dass eine sozialverträgliche Wohnungspolitik in Zeiten allseits steigender Mieten in Leipzig dringend geboten ist. Der Umgang mit den noch unsanierten LWB-Wohnungsbeständen im Leipziger Süden entscheidet in unseren Augen mit über den Charakter dieses Teils der Stadt.

Wir möchten im Folgenden zunächst Punkt für Punkt auf Ihre Antwort eingehen und dann konkrete Vorschläge für behutsame Modernisierungen und eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen LWB und Mieter*innen vorlegen.

(1) Als Grund dafür, leerstehende Wohnungen nicht neu zu vermieten, nennen Sie unter anderem den Zustand der Haus- und Wohnungselektrik sowie der Heizungs- und Gasanlagen. Zunächst kann dieses Argument nicht für alle betroffenen Häuser gleichermaßen gelten; in einigen wurden die Elektroanlagen bereits in den vergangenen Jahren erneuert – auch in bewohntem Zustand. Somit stellt sich die Frage, wieso das andernorts nicht auch möglich sein soll . Weiterhin gibt es Fälle, in denen für Mieter*innen in den betroffenen Häusern auch dann ein Umzug innerhalb des Hauses nicht möglich ist, wenn die bisherige Wohnung sich in einem schlechteren baulichen Zustand befindet als die aktuell leerstehende. Wir beobachten: Wohnungen in den betroffenen Häusern werden aktuell prinzipiell nicht mehr neu vermietet, mit ihrem baulichen Zustand hat das nur selten zu tun.

(2/3) Die Antwort auf unsere Forderung nach mehr Transparenz ist sehr vage. In Bezug auf die Richard-Lehmann-Str. 39-43 sprechen Sie von einem „Pilotprojekt“, bei dem „die erforderlichen Maßnahmen gemeinsam mit dort wohnenden Mietern durchgeführt werden sollen“. Tatsächlich war davon in den vergangenen Monaten nichts zu spüren, im Gegenteil: Sie drängen weiterhin langjährige – zum Teil seit Jahrzehnten dort wohnhafte, hoch betagte – Mieter*innen zum Auszug. Die Möglichkeit, im Gebäude wohnen zu bleiben, wird nicht erwähnt, ebenso nicht der Mietpreis nach einer Sanierung. Anstatt wie von uns gefordert, den Dialog mit uns Mieter*innen als Gruppe zu suchen, setzen Sie mit Umzugsangeboten an einzelne Personen offensichtlich auf ein „Teile-und-herrsche“-Vorgehen.

(4) In unserem ersten offenen Brief fragten wir, ob die LWB bereit ist, günstige Mieten auch nach den Sanierungen zum übergeordneten Ziel ihrer Planungen zu machen. Sie antworten, dass Sie Möglichkeiten, die Mieten zu dämpfen, „prüfen“ werden. Auch das ist mehr als unbestimmt. In den vom Stadtrat am 12.04.2017 beschlossenen Eigentümerzielen für die LWB wird demgegenüber klar festgehalten, dass preisgünstige und mittelpreisige Wohnungen nach Sanierung / Modernisierung im gleichen Marktsegment erhalten bleiben sollen (Vorgehensziel 1.1.8). Zudem soll in Stadtteilen, in denen die durchschnittliche Bestandsmiete oberhalb des gesamtstädtischen Durchschnitts liegt, der Bestand an Wohnungen, die den Angemessenheitskriterien der Richtlinie „Kosten der Unterkunft“ (KdU) entsprechen, gehalten bzw. wenn möglich erhöht werden (Vorgehensziel 1.1.11). Dies trifft auf den Leipziger Süden unzweifelhaft zu.

Mit dem anhaltenden stillen Leerzug schaffen Sie viel Verunsicherung bei den Mieter*innen in den betroffenen Häusern. Ihre intransparente Kommunikation hinsichtlich der Planungen für diese Häuser sowie der zu erwartenden Mietpreise nach Sanierung / Modernisierung sorgen für eine grundsätzliche Zukunftsunsicherheit bei den Mieter*innen, die sehr belastend ist. Sich leerende Häuser ziehen „Mülltourismus“ an, durch fehlendes Heizen und Lüften wird außerdem die Bausubstanz angegriffen. Mieter*innen müssen höhere Ausgaben und Anstrengungen beim Heizen in Kauf nehmen. Wollen Sie uns das Wohnen in diesen Häusern so unangenehm machen, dass wir von allein ausziehen?

Die Stadt Leipzig hat sich mit ihrem Wohnungspolitischen Konzept 2015 vorgenommen, „Wohnen in Leipzig – für alle, vielfältig, bezahlbar und wirtschaftlich tragfähig“ zu bieten (Leitlinie 1), „insbesondere genügend Wohnungen für einkommensschwache Haushalte“ bereit zu stellen (Leitlinie 2) und „Wohnungspolitik als Teil integrierter Stadtentwicklung“ zu betrachten (Leitlinie 4). Dabei kommt der LWB eine wichtige Rolle zu: Als Gesellschaft im hundertprozentigen Eigentum der Stadt hat sie der sozialräumlichen Segregation aktiv gegenzusteuern, wie dies auch in ihren Eigentümerzielen (Ergebnisziel 1.1 ) festgeschrieben ist. Die ca. 300 un- und teilsanierten Wohnungen der LWB im Leipziger Süden können ein Baustein zur Verwirklichung dieser Ziele sein.

Bisher erhalten wir nur ungenaue und verallgemeinernde Informationen und sind – wie oben im Bezug auf die Richard-Lehmann-Str. 39-43 geschildert – „vereinzelnder“ Kommunikation ausgesetzt. Wir halten das für in höchstem Maße unangemessen, da Probleme wie die unseren viele Leipziger Mieter*innen betreffen und hier somit grundsätzliche Fragen hinsichtlich der Zukunft unserer Stadt verhandelt werden.

Wir fordern von der LWB und den sie steuernden Politiker*innen den Willen zu einem „Pilotprojekt“, das diesen Namen verdient. Arbeiten Sie mit uns Mieter*innen als Gemeinschaft zusammen. Haben Sie den Mut, neue Wege zu gehen und gemeinsam über kreative Lösungen nachzudenken.

Uns ist an einer Sanierung / Modernisierung der Häuser – soweit notwendig – ebenso gelegen wie Ihnen. Wir wollen in deren Planung jedoch umfassend einbezogen werden und den Erhalt günstiger Mieten ins Zentrum stellen. Als ersten Schritt fordern wir deshalb weiterhin die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Mieter*innenfreundliche Sanierung / Modernisierung der LWB-Bestände im Leipziger Süden“ aus entscheidungsbefugten LWB-Mitarbeiter*innen sowie einer angemessenen Vertretung der Mieter*innen zur Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für die betroffenen ca. 300 Wohnungen der LWB im Leipziger Süden. Eine solche Arbeitsgruppe könnte die Problematik von behutsamen und kostengünstigen Sanierungen angehen.

Wir sind überzeugt davon, dass niedrigschwellige und gleichzeitig wirtschaftlich tragbare Sanierungen in (teilweise) bewohnten Zustand möglich sind und dass Wohnungen danach im preisgünstigen Segment verbleiben können. Dies zeigt schon die Tatsache, dass in Leipzig in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Häusern u.a. von selbstverwalteten Wohnprojekten saniert wurden und dabei ein günstiger Mietpreis erhalten werden konnte. Wenn von ehrenamtlichem Engagement getragene Initiativen dies schaffen, dann sollte sich ein großes kommunales Unternehmen einer solchen Herausforderung erst recht stellen.

Da wir von keinen Plänen seitens der LWB in diese Richtung wissen, haben wir selbst ein in diesem Bereich erfahrenes Architekturbüro (Büro SchwarzFormat, Arch. M. Friebe, Schönbachstraße 60, 04299 Leipzig) beauftragt, am Beispiel der Richard-Lehmann-Str. 39-43 zwingend notwendige und langfristig sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen zu identifizieren und entlang einer solchen Vorplanung eine grobe Kostenschätzung vorzunehmen: In diesem Vorschlag werden Heizung, Dämmung und Elektrik als zwingend notwendig, weitere Maßnahmen lediglich aus ästhetischen o.ä. Gründen als „wünschenswert“ (u.a. Wände und Böden in den Wohnungen) angesehen. Diese Kostenschätzung ergab notwendige Investitionen von knapp 700€/m² Wohnfläche. Damit müsste es unter Berücksichtigung des von der LWB angestrebten Eigenkapitaleinsatzes, aktueller Kreditkonditionen sowie Fördermöglichkeiten selbst unter Einbezug eines Anteils von u.U. auf den Grundstücken liegenden „Altschulden“ möglich sein, auch nach Sanierung mindestens in einem Großteil der Wohnungen KdU-fähige Mieten anzubieten – und dies jetzt schon zuzusagen. Wir sind zuversichtlich, dass sich für die anderen unsanierten LWB-Häuser ähnliche Werte ergeben werden. Wie unter anderem verschiedene Projekte des Architekturbüros SchwarzFormat zeigen, sind Sanierungen in einem ähnlichen Umfang in bewohntem Zustand durchaus möglich. Die detaillierten Unterlagen, auf denen diese Einschätzungen beruhen, stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie an einer diesbezüglichen Kooperation tatsächliches Interesse erkennen lassen.

Wir erwarten von der LWB eine Antwort und einen neuen, transparenten Kommunikationsstil. Wir sind Bürger*innen dieser Stadt und verlangen, ernst genommen zu werden. Lassen Sie uns gemeinsam in einer Arbeitsgruppe „Mieter*innenfreundliche Sanierung / Modernisierung der LWB-Bestände im Leipziger Süden“ ein Gesamtkonzept für die betroffenen ca. 300 Wohnungen der LWB im Leipziger Süden erarbeiten.

Über eine Stellungnahme bis zum 31.10.2017 würden wir uns freuen.

Mit freundlichen Grüßen, Mieterinnen und Mieter der LWB im Leipziger Süden Sie erreichen uns unter der E-Mail-Adresse .

Offener Brief an die LWB gegen stille Entmietung: Mieter*innen fordern Transparenz, Beteiligung und Sozialverträglichkeit

Am 1. Februar 2017 haben 97 Mieter*innen un- und teilsanierter Häuser der städtischen Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) im Leipziger Süden einen offenen Brief an die Geschäftsführerinnen und den Aufsichtsrat der LWB geschickt. In diesem machen die Mieter*innen auf die “stille Entmietung” ihrer Häuser aufmerksam.

In diesen Häusern, die insgesamt ca. 340 Wohneinheiten im Leipziger Süden umfassen, werden frei werdende Wohnungen teilweise seit Jahren nicht mehr neu vermietet. Der Leerstand beläuft sich mittlerweile je nach Haus auf 10% bis 80% der Wohneinheiten.

Die Bewohner*innen stört die intransparente Informationspolitik darüber, was die LWB mit den Häusern vorhat. Es empört sie aber auch, dass in Zeiten knapper werdenden bezahlbaren Wohnraums in Leipzig ausgerechnet Wohnungen in kommunalem Besitz leer stehen, obwohl sie vermietbar wären.

Im offenen Brief fordern die Mieter*innen die Vermietung leer stehender Wohnungen, Transparenz bei der Planung von etwaigen Sanierungsvorhaben, sozialverträgliche Mieten auch nach möglichen Sanierungen oder Instandsetzungen, eine Beteiligung der Mieter*innen an den Planungen sowie die Bereitschaft der LWB, Modelle der Mieter*innenselbstverwaltung zu erproben.

Die Mieter*innen bitten die LWB bis zum 31. März 2017 um eine Stellungnahme zu den von ihnen benannten Fragen und Forderungen. Anbei finden Sie den Brief zur Verwendung bei Ihrer Berichterstattung.

Das Netzwerk “Leipzig-Stadt für alle” unterstützt die Forderungen der LWB-Mieter*innen und fordert die Verantwortlichen auf, auf den Offenen Brief angemessen zu reagieren.


Download Offener Brief der Mieterinnen und Mieter der LWB im Leipziger Süden (PDF, 169kB)

Schluss mit der Mogelpackung!

PRESSEMITTEILUNG vom 21. August 2016

In einer ausführlichen Stellungnahme analysiert „Leipzig – Stadt für alle“ das Vorgehen des Liegenschaftsamtes beim „Modellvorhaben“ zur Vergabe städtischer Grundstücke im „Konzeptverfahren“. Das Netzwerk fordert einen sofortigen Abbruch des laufenden Verfahrens und unterbreitet Vorschläge für eine soziale Liegenschaftspolitik unter Aufsicht eines ‚Runden Tisches‘.

Die vom Liegenschaftsamt betriebene „Konzeptveräußerung“ von fünf städtischen Grundstücken hintergeht in eklatanter Weise die gültige Beschlusslage des Stadtrates! Tatsächlich handelt es sich beim angewendeten Verfahren um eine verdeckte Höchstpreisveräußerung.

Entgegen einem Stadtratsbeschluss vom April 2015 werden weiterhin Verkäufe anstatt Vergaben im Erbbaurecht geplant. Ebenso wird die gemäß dem eben erst verabschiedeten Wohnungspolitischem Konzept besondere Förderwürdigkeit kooperativer Wohnformen komplett ignoriert. Stattdessen will das Liegenschaftsamt städtisches Eigentum weiterhin an Private und profitorientierte Investoren verkaufen. So kann auf den städtischen Grundstücken der in Leipzig dringend benötigte bezahlbare Wohnraum nicht entstehen.

Der Verdacht liegt nahe, dass das Liegenschaftsamt mit seinem „Modellvorhaben“ ein Scheitern des Instruments Konzeptvergabe provozieren will. Es wurden insbesondere für nicht profitorientierte Erwerber ungeeignete Grundstücke ausgewählt. Tobias Bernet vom Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“: „Bei der Hermann-Liebmann-Straße 43 handelt es sich um ein denkmalgeschütztes, aber durch jahrelange Untätigkeit des Liegenschaftsamtes mittlerweile ruinöses Gründerzeithaus, das die Stadtverwaltung vor wenigen Jahren noch abreißen wollte. Nun verlangt das Liegenschaftsamt dafür als Mindestgebot 300.000 Euro.“

Da das „Modellvorhaben“ schlicht kein Konzeptverfahren ist und die Entscheidungsfindung bei den geplanten Vergaben darüber hinaus völlig intransparent, müssen Stadtrat, Bürgermeister_innen und Stadtverwaltung die Einhaltung der geltenden stadträtlichen Beschlusslage gegenüber dem Liegenschaftsamt durchsetzen und das laufende Verfahren abbrechen, wenn es ihnen mit einer sozialen Stadtentwicklungspolitik ernst ist.

„Bei einer Neuauflage einer echten Konzeptvergabe im Erbbaurecht muss ein ‚Runder Tisch‘ mit Vertreter_innen der Stadtverwaltung, der Stadtratsfraktionen, der Wissenschaft und verschiedener kooperativer und gemeinnützig orientierter Wohnprojekte federführend sein und jeden Schritt des Verfahrens transparent begleiten“ fordert Cilia Lichtenberg von „Leipzig – Stadt für alle“. „Schließlich gibt es aus anderen Städten – aktuell z. B. Dresden – genügend positive Vorbilder für ein echtes Konzeptverfahren, das mithelfen könnte, in Leipzig eine aktive Liegenschaftspolitik als Teil einer sozialen Wohnungspolitik auf den Weg zu bringen“, so Lichtenberg weiter.

Eine ausführliche Analyse und Argumentation finden Sie in der beiliegenden Stellungnahme.


Pressekontakt: Tobias Bernet und Cilia Lichtenberg
für das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“

Download Pressemitteilung (PDF, 88kB)