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Die Mietpreispolitik der LWB – Hintergründe, Notwendigkeiten, Konsequenzen

Solidarisch oder polarisierend?

Zeit: Freitag, 27. Oktober 2023, 18 bis 20 Uhr
Ort: Volkshaus, Erich-Schilling-Saal (5. Etage), Karl-Liebknecht-Str. 30/32

Die Mietererhöhungen des kommunalen Wohnungsunternehmens LWB erhitzen die Leipziger Gemüter. Das Unternehmen selbst verteidigt seine jährlich über 6000 Erhöhungen auf Grundlage des qualifizierten Mietspiegels als solidarisches Modell: Das Einnahmewachstum soll Stadtteilen mit geringerer Vergleichsmiete zu Gute kommen und sei für die Bewältigung der Sanierungs- und Neubauvorhaben des Unternehmens nötig. Kritiker:innen der systematischen Erhöhungspraxis argumentieren, dass auf diese Weise Stadtteile gegeneinander ausgespielt, die Stadtgesellschaft gespalten und Geringerverdienende aus ihren innerstädtischen Quartieren verdrängt werden. Sie berufen sich auf das vom Stadtrat 2018 beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK), dessen Ziel eine soziale Mischung in allen Wohnquartieren ist. Daher fordern sie, dass die LWB als städtisches Tochterunternehmen ihre Geschäftspraxis an dieser Prämisse ausrichtet. In der Podiumsdiskussion werden ein:e Unternehmensvertreter:in der LWB, zwei Mieter:innen und der Stadtsoziologe Dieter Rink gemeinsam das Für und Wider der Erhöhungspraxis diskutieren, Hintergründe, Notwendigkeiten und Konsequenzen dieses Vorgehens beleuchten und nach einer für alle Seiten gangbaren Lösung suchen.

Podium und Diskussion mit:

  • Andreas Dohrn (Aufsichtsrat LWB)
  • Prof. Dr. Dieter Rink (Dept. Stadt- und Umweltsoziologie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Leipzig)
  • Carsten Möller
  • Miriam Paulsen (LWB-Mieter*innen)
  • Moderation: Manuela Grimm (DGB Leipzig-Nordsachsen).

Veranstaltet vom Netzwerk “Leipzig – Stadt für alle” und DGB Leipzig-Nordsachsen

Fest der Nachbarschaften

Fest der Nachbarschaften

Initiativen für bezahlbares Wohnen vernetzen sich

Am 25. September veranstalten verschiedene wohnungspolitische Initiativen aus Leipzig erstmalig das Fest der Nachbarschaften. Es findet zwischen 14 und 18 Uhr auf dem Alexis-Schumann-Platz in der Südvorstadt statt. Das Fest ist eine Anlaufstelle für Mieter*innen, die sich mit ihrer bedrängten Wohnsituation nicht länger abfinden wollen und nach Austausch und Vernetzung suchen. Es ist darüber hinaus ein Signal an Immobilienwirtschaft und Politik, dass eine grundsätzliche Wende in der Wohnraumversorgung notwendig ist.

Wie in anderen Großstädten spitzt sich auch in Leipzig die Lage am Wohnungsmarkt zu. Das fängt bei der Miete an, die regelmäßig erhöht wird, ohne dass sich die Wohnqualität verbessert. Es geht weiter mit der Mietbelastungsquote, die im Durchschnitt bei 30 % und bei unteren Einkommensgruppen bis zu 46 % beträgt. Es endet bei der Verdrängung von Mieter*innen aus den Quartieren, die in wenigen Fällen öffentlich wird, häufig aber unsichtbar bleibt, wie bei den vielen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen. Zum Auszug getrieben, finden die Betroffenen in ihren Wohngegenden keine bezahlbaren Angebote. Es wird zu wenig gebaut und zu teuer. Selbst öffentlich geförderte Wohnungen sind mit einer Miete von 6,50 € und einer 15-jährigen Belegungsbindung keine Alternative, zumal sie ohnehin nur für jene infrage kommen, die sich am Markt nicht selbst versorgen können, mit Wohnen als öffentliches Gut aber nichts zu tun haben. Wohnungskonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen gewinnen immer mehr Einfluss. An den Kapitalmärkten sind sie auf die Steigerung der Dividende angewiesen; Leidtragende sind die Mieter*innen. Aber auch kommunale Eigentümer sind nicht in jedem Fall gemeinwohlorientierte Unternehmen, wie die LWB bewiesen hat als sie während der Pandemie die Mieten im Musikviertel erhöhte.

Diese Entwicklung wird politisch nur zaghaft gebremst. Eine echte Trendwende für eine marktferne Wohnraumversorgung ist nicht erkennbar. Das wirft die Frage nach Demokratie auf: Wer entscheidet eigentlich darüber, was in der Stadt passiert? Wie werden die Bedürfnisse und Lebensrealitäten der Menschen, die hier wohnen politisch abgebildet? Mit dem Fest der Nachbarschaften, in dessen Zentrum eine offene Versammlung von Mieter*innen steht, soll eine Debatte darüber angestoßen werden, wie wir in der Stadt gemeinsam leben wollen und wie wir unseren Vorstellungen Kraft verleihen können.


Über die Veranstalter*innen:
Das Fest der Nachbarschaften wird von verschiedenen Leipziger Initiativen ausgerichtet, die sich für eine soziale Wohnraumversorgung und eine gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft einsetzen. Wir beraten Mieter*innen, organisieren Protest, entwickeln politische Forderungen und machen Vorschläge für eine alternative Wohnungspolitik. Die beteiligten Initiativen sind:

  • IG Kantstraße
  • Leipzig für alle: Aktionsbündnis Wohnen
  • Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe
  • Nachbarschaftsinitiative Musikviertel
  • Netzwerk – Leipzig Stadt für alle
  • Solidaritätsnetzwerk Leipzig
  • Vernetzung Süd – Stadtteilinitiative aus Connewitz & Südvorstadt
  • Wohnprojekt Thierbacher Straße 6

Kontakt:
E-Mail:
Twitter: @Mieterinnenfest

Mietenwahnsinn-Demo in Leipzig 2019 (Stadtbiblitothek)

Redebeitrag bei der #Mietenwahnsinn-Demo am 6. April 2019

Vor über sieben Jahren haben wir das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ gegründet. Unser Ziel war damals, dass städtisches Eigentum nicht weiter privatisiert wird und die Stadt der Mietenentwicklung durch eine aktive Wohnungs- und Bodenpolitik entgegengewirkt.

Als dann aber das Wohnen immer teurer wurde, konnten wir aus der Stadt vernehmen, dass die Mieter_innen sich einfach an steigende Mieten gewöhnen müssten. Gentrifizierung sei in einer wachsenden Stadt ganz normal. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Stadt Leipzig es verschlafen hat, große Flächen selbst zu entwickeln. Die Freude über das Interesse privater Investoren schien zu groß, als die Chance für eine andere, soziale Bodenpolitik wahrzunehmen.

Und heute? Sich beklagen, dass große Bauflächen, wie der Bayerische oder der Eutritzscher Bahnhof an private Unternehmen wie die Leipziger Stadtbau AG verkauft wurden und diese die Gebiete jetzt entwickeln? Und sich beschweren, dass die CG-Gruppe, einer der größten Projektentwickler Deutschlands, jetzt das gleiche macht wie in Berlin, Hamburg und sonst wo? Nämlich entwickeln, dann weiterverkaufen und dickes Geld verdienen. Der Leipziger Wohnungsmarkt funktioniert nach den gleichen Regeln wie anderswo. Worauf wartet die Politik denn nur, bis sie endlich in die Stadtentwicklung eingreifen will?

Dass Leipzig ein Wohnungsproblem hat, ist auch in der Presse und in der Breite der Stadtgesellschaft angekommen. Uns wird aber der Mythos vorgesetzt, der Neubau von Wohnungen sei das Allheilmittel, um den Mietwohnungsmarkt zu entlasten.

Seit über sieben Jahren versuchen wir, von “Leipzig – Stadt für alle” mit solchen Mythen aufzuräumen – also los:

Es stimmt einfach nicht, dass nur das Wohnungsangebot ausgeweitet werden muss, um die Nachfrage zu entlasten. Selbst teurer Neubau wie am Bayerischen Bahnhof, so wird behauptet, schaffe durch Umzugsketten freie Wohnungen im preiswerten Segment. Aber auch die gut verdienenden Mieter_innen wollen günstig wohnen und konkurrieren mit allen anderen um die wenigen preiswerten Wohnungen. Und dort, wo die Nachfrage schon sehr hoch ist, sind oft auch die Mieten hoch. Hier teuren Neubau zu schaffen, löst nicht das Problem, sondern führt sogar dazu, dass in den angrenzenden Stadtteilen die Miete steigt. Wir brauchen nicht nur mehr Wohnungen, sondern (– ja, mehr – aber vor allem) mehr bezahlbare Wohnungen!

Aber solange es attraktiv bleibt, mit Wohnungen im Luxussegment hohe Rendite zu machen, wird kein preiswerter Wohnraum geschaffen.

Um das zu ändern, gibt es politische und stadtplanerische Mittel, die aber spät und zu zögerlich zum Einsatz kommen. Soziale Erhaltungssatzungen können die bestehenden niedrigen Mieten schützen. Mit Bebauungsplänen müssen in den neuen Quartieren preiswerte Wohnungen geschaffen werden. Denn Politik und Verwaltung können sehr wohl – anders als ein weiterer Mythos behauptet – Einfluss auf große private Investitionsprojekte nehmen. Im Baurecht gibt es weitere Möglichkeiten, genau auf die Situation in Leipzig zu reagieren.

Trotz der verpassten Chancen der Stadt, Gebiete selbst zu erwerben, kann sie regulierend auf die Bebauung einwirken. Es ist nicht alles zu spät. Kommunalpolitik und Verwaltung müssen aber auch handeln wollen – oder sind sie zu behäbig zum Planen?

Wir wollen uns nicht mit dem Verweis auf angebliche Sachzwänge abfrühstücken lassen. Es wird gesagt, die Stadt habe kein Geld, um utopische Wohnungspolitik zu machen. Ein Grund mehr, das Wohnungsproblem in den Griff zu bekommen! Denn wenn die Miete steigt, steigen auch die staatlichen Zuschüsse für Haushalte mit wenig Geld. Bund und Kommune müssen diese zusätzlichen Kosten dann übernehmen. Die einzigen, die davon profitieren, sind die Vermieterinnen und Vermieter.

Wie es anders geht?

In Leipzig gründen sich Genossenschaften und zeigen, wie ohne Renditeerwartungen saniert oder neu gebaut wird. In Berlin ist eine breite Bewegung für die Enteignung großer profitgetriebener Wohnungsgesellschaften entstanden. Vorschläge für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und die Stärkung öffentlichen Wohneigentums liegen längst auf dem Tisch.

Denn entgegen der Behauptung, wir würden uns der Herausforderung einer nachhaltigen Stadtentwicklung nicht stellen, üben wir strukturelle Kritik und schlagen Lösungen vor. Wir wollen uns nämlich gar nicht an hohe Mieten gewöhnen, sondern von einem anderen Wirtschaften erzählen.

Es geht nicht um Mitsprache bei vorgestanzten Beteiligungsverfahren, sondern um eine selbstbestimmte gesellschaftliche Bewegung für eine Stadt für alle. Die Mieter_innen selbst sind es, die Alternativen zum bisherigen Markt vorleben und aufzeigen.

Es geht darum, sich Orte dieser Stadt wieder anzueignen, die das Leben in der wachsenden Stadt lebenswert machen. Mieten und Wohnen sind zentrale Aspekte dieser politischen Aushandlung.

Bleiben wir also Teil dieser Aushandlung, bleiben wir Teil einer Bewegung von Mieter_innen für Mieter_innen – dann wird das schon mit dem guten Leben.

(Dankeschön)


Der Redebeitrag wurde anlässlich der #Mietenwahnsinn-Demo 2019 gehalten. In Leipzig waren dem Aufruf von Leipzig für alle: Aktionsbündnis Wohnen 3.000 bis 5.000 Menschen gefolgt. In fast 20 deutschen Städten demonstrierten mindestens 55.000 Menschen gegen hohe Mieten, Verdrängung und Mietenwahnsinn. Auch europaweit gingen in 22 weiteren Städten Menschen auf die Straße. Bereits im Vorfeld der Demonstrationen gab es in diesen und weiteren Städten Aktionen.

Tagung 2./3.11.2018 "Von der Großstadtfeindschaft zum Nazikiez? Anti-/urbane Kontexte des autoritären Populismus"

Stadtpolitische Tagung „Von der Großstadtfeindschaft zum Nazikiez? Anti-/urbane Kontexte des autoritären Populismus“

gemeinsame Pressemitteilung Netzwerk Leipzig – Stadt für alle || Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz

Das Forschungsprojekt PODESTA richtet am 2. und 3. November in der Leipziger Galerie KUB eine Tagung im Themenfeld des erstarkenden Populismus aus. Forschungsgegenstand sind die Strategien unterschiedlicher Akteure, die sich im Handlungsfeld Stadt mit der populistischen Herausforderung auseinandersetzen. Das universitäre Verbundprojekt PODESTA (Populismus|Demokratie|Stadt) untersucht seit 2017 Konflikte um Stadtentwicklung in Leipzig und Stuttgart. Das Netzwerk Leipzig – Stadt für alle beteiligt sich als Kooperationspartner im Forschungsprojekt.

Mit der Krise der liberalen Demokratie droht sich das Politikfeld Stadt für die Rechte zu öffnen. Autoritär-populistische Haltungen, Strömungen und Parteien gewinnen an Rückhalt. Die Rechten versuchen darüber hinaus, sich als urbane Bewegungen neu zu erfinden (Identitäre Bewegung) oder mit einer völkischen Sozialpolitik (Teile der AfD) die Löcher zu stopfen, die die neoliberale Stadtumstrukturierung hinterlassen hat.

Während der Tagung werden folgende Fragestellungen betrachtet: Welche Stadt-Land-Unterschiede lassen sich in Ausmaß und Ursache des Rechtspopulismus beobachten? Wie real ist die Gefahr einer Stadtpolitik von rechts? Welche Konflikte um eine demokratische Stadt für alle sind zu erwarten?

Tobias Bernet, für Leipzig – Stadt für alle an der Tagung beteiligt: „Wir wollen mit der Veranstaltung den weit verbreiteten Eindruck hinterfragen, dass der Rechtsruck v. a. aus den ländlichen Regionen kommt. Auch in Leipzig gibt es Stadtteile, in denen fast 30% der Wählerstimmen zur Bundestagswahl 2017 an die AfD gingen. Warum? Welche Rolle spielen etwa Verdrängungsdruck am Wohnungsmarkt oder räumliche Segregation?“

Anne Kämmerer, die für Leipzig nimmt Platz am Freitag ein Grußwort halten wird, ergänzt: „Als Netzwerk, das es sich zur Aufgabe gesetzt hat, dort Platz zu nehmen, wo Rechte versuchen, die Hegemonie zu beanspruchen, freuen wir uns sehr auf eine Konferenz zu diesem hoch aktuellen Thema. Wir hoffen auf neue Erkenntnisse und gute Diskussionen darüber, wie wirksame Strategien von Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen gegen eine zunehmend heterogen auftretende Rechte entwickelt und umgesetzt werden können.“

Galerie KUB:
Kantstraße 18
04275 Leipzig

Programm:
Freitag, 2. November 2018, 19:00–21:00 Uhr
Begrüßung: Anne Kämmerer (Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz)
Einleitung und Moderation: Prof. Dr. Tilman Reitz (Uni Jena)
Die Rache der Dörfer, Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba (HU Berlin)
Samstag, 3. November 2018, 10:00–16:30 Uhr
10:00 Populismus und Demokratie in der Stadt, Input-Vortrag und Diskussion mit Dr. Peter Bescherer, Dr. Robert Feustel (Uni Jena)
11:00 Rechtspopulistische Sozialpolitiken, Input-Vortrag und Diskussion mit Dr. Floris Biskamp (Uni Tübingen)
12:00 Mittagspause
13:00 Stadtstaaten oder Barbarei? Input-Vortrag und Diskussion mit Tobias Bernet (Netzwerk Leipzig – Stadt für alle, FU Berlin)
14:00 Ins rechtspopulistische Projekt eingreifen: Erfahrungen aus Haustürgesprächen, Input-Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya (HS Magdeburg-Stendal)
15:00 Kaffeepause
15:30 Abschlussdiskussion mit Veranstalter*innen und Gästen

Veranstaltet von:
Forschungsprojekt PODESTA
Unterstützt durch:
Netzwerk Leipzig – Stadt für alle
Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz
Gefördert durch:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Schluss mit der Mogelpackung!

PRESSEMITTEILUNG vom 21. August 2016

In einer ausführlichen Stellungnahme analysiert „Leipzig – Stadt für alle“ das Vorgehen des Liegenschaftsamtes beim „Modellvorhaben“ zur Vergabe städtischer Grundstücke im „Konzeptverfahren“. Das Netzwerk fordert einen sofortigen Abbruch des laufenden Verfahrens und unterbreitet Vorschläge für eine soziale Liegenschaftspolitik unter Aufsicht eines ‚Runden Tisches‘.

Die vom Liegenschaftsamt betriebene „Konzeptveräußerung“ von fünf städtischen Grundstücken hintergeht in eklatanter Weise die gültige Beschlusslage des Stadtrates! Tatsächlich handelt es sich beim angewendeten Verfahren um eine verdeckte Höchstpreisveräußerung.

Entgegen einem Stadtratsbeschluss vom April 2015 werden weiterhin Verkäufe anstatt Vergaben im Erbbaurecht geplant. Ebenso wird die gemäß dem eben erst verabschiedeten Wohnungspolitischem Konzept besondere Förderwürdigkeit kooperativer Wohnformen komplett ignoriert. Stattdessen will das Liegenschaftsamt städtisches Eigentum weiterhin an Private und profitorientierte Investoren verkaufen. So kann auf den städtischen Grundstücken der in Leipzig dringend benötigte bezahlbare Wohnraum nicht entstehen.

Der Verdacht liegt nahe, dass das Liegenschaftsamt mit seinem „Modellvorhaben“ ein Scheitern des Instruments Konzeptvergabe provozieren will. Es wurden insbesondere für nicht profitorientierte Erwerber ungeeignete Grundstücke ausgewählt. Tobias Bernet vom Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“: „Bei der Hermann-Liebmann-Straße 43 handelt es sich um ein denkmalgeschütztes, aber durch jahrelange Untätigkeit des Liegenschaftsamtes mittlerweile ruinöses Gründerzeithaus, das die Stadtverwaltung vor wenigen Jahren noch abreißen wollte. Nun verlangt das Liegenschaftsamt dafür als Mindestgebot 300.000 Euro.“

Da das „Modellvorhaben“ schlicht kein Konzeptverfahren ist und die Entscheidungsfindung bei den geplanten Vergaben darüber hinaus völlig intransparent, müssen Stadtrat, Bürgermeister_innen und Stadtverwaltung die Einhaltung der geltenden stadträtlichen Beschlusslage gegenüber dem Liegenschaftsamt durchsetzen und das laufende Verfahren abbrechen, wenn es ihnen mit einer sozialen Stadtentwicklungspolitik ernst ist.

„Bei einer Neuauflage einer echten Konzeptvergabe im Erbbaurecht muss ein ‚Runder Tisch‘ mit Vertreter_innen der Stadtverwaltung, der Stadtratsfraktionen, der Wissenschaft und verschiedener kooperativer und gemeinnützig orientierter Wohnprojekte federführend sein und jeden Schritt des Verfahrens transparent begleiten“ fordert Cilia Lichtenberg von „Leipzig – Stadt für alle“. „Schließlich gibt es aus anderen Städten – aktuell z. B. Dresden – genügend positive Vorbilder für ein echtes Konzeptverfahren, das mithelfen könnte, in Leipzig eine aktive Liegenschaftspolitik als Teil einer sozialen Wohnungspolitik auf den Weg zu bringen“, so Lichtenberg weiter.

Eine ausführliche Analyse und Argumentation finden Sie in der beiliegenden Stellungnahme.


Pressekontakt: Tobias Bernet und Cilia Lichtenberg
für das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“

Download Pressemitteilung (PDF, 88kB)

Zuzug nach wie vor deutlich unterschätzt – Wohnen muss Gemeingut werden

Pressemitteilung: Leipzig, den 4. Oktober 2015

Der vorliegende Entwurf des Wohnungspolitisches Konzeptes der Stadt Leipzig ist grundsätz­lich zu begrüßen, dennoch fordert das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ den Stadtrat auf, die Details genau zu studieren und durch eigene Anträge nachzubessern.

„Der Kardinalfehler des Entwurfs liegt in einer geradezu realitätsverweigernden Unterschät­zung des Bevölkerungswachstums! Der Wohnungsleerstand wird viel eher abgeschmolzen sein als bisher angenommen wird. Wir brauchen Sanierungen und Neubau zu bezahlbaren Mieten und dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden“, kritisiert Roman Grabolle. Auch die steigende Anzahl von Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, muss in die Planung und Bereitstellung von Wohnraum einfließen.

„Leipzig – Stadt für alle“ spricht sich dafür aus, im Wohnungspolitischen Konzept die handlungsrelevanten Begriffe und Indikatoren klar zu definieren. Dies gilt insbesondere für die Frage, ab wann in Leipzig von einem „angespannten Wohnungsmarkt“ auszugehen ist.

„Wir fordern eine stärkere Einflussnahme der Kommunalpolitik in den Wohnungsmarkt und die Abkehr von der Marktorientierung bei der Versorgung mit Wohnraum. Wohnen soll als Gemeingut der Stadtgesellschaft verstanden werden anstatt zur Vermögensbildung Einzelner beizutragen“, ergänzt Norma Brecht für das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“.

Beispielhaft ist der Berliner Mietenvolksentscheid, durch den ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurde, bei dem mit öffentlichen Mitteln dauerhaft soziale Wohnungsbauvorhaben ohne Gewinnabsicht kreditiert werden, deren Tilgung vollständig in ähnliche Projekte fließt. So kann nachhaltig ein entschuldeter Wohnungsbestand in unverkäuflichem öffentlichem oder genossenschaftlichem Eigentum geschaffen werden.

Die Forderungen an den Stadtrat sind:

  1. Falsche Einschätzungen von Bevölkerungswachstum und Wohnungsbedarf korrigieren!
  2. Klare Begriffsdefinitionen und Indikatoren festlegen!
  3. Wohnungspolitik für eine stark wachsende Stadt jetzt angehen!
  4. Verkauf öffentlichen Grundeigentums ausschließen – Konzeptverfahren einführen, Erbbaurecht nutzen!
  5. Schluss mit dem Verschleiß innerstädtischer Flächen durch Eigenheime!
  6. Nichtrenditeorientierte Trägerformen fördern, Spekulation verhindern!

Weitere Ausführungen entnehmen Sie bitte der beiliegenden ausführlichen Stellungnahme.


Info: Beschlussvorlage Nr. VI-DS-1475-NF-002 für die Ratsversammlung 28.10.2015 (PDF, 91kB)

Redebeitrag bei der “Parade der Unsichtbaren” gegen das #StadtFestSpiel

unsichtbarAm 30. Mai 2015 demonstrierten mehr als 1000 Menschen in Leipzig für das Recht auf Stadt. Anlass des Aufrufs zur Parade der Unsichtbaren  ist die Selbstbeweihräucherung der Stadt Leipzig, die sich mit großem Spektakel marktfähig, sauber und erfolgreich präsentieren will. Die Unsichtbaren – die keine Stimme haben, die nicht wahrgenommen werden, aber auch: die sich an dieser Stadtgesellschaft nicht beteiligen wollen – bleiben ausgeschlossen im Denken und Handeln. Gemeinsam setzten wir der geplanten Sterndemo mit fünf Zügen (und Beteiligung von wenigen Dutzend Bürger_innen) unseren deutlichen Protest entgegen.

Den Unkenrufen der Yellow Press zum Trotz war die Demo laut, aufmüpfig, fordernd – und friedlich. Unseren Redebeitrag dokumentieren wir hier:

Seit 2011 wächst die Bevölkerungszahl Leipzigs mit über 10.000 neuen Einwohnerinnen pro Jahr. Wir sagen klar und deutlich an alle Neu-Leipziger_innen: Herzlich Willkommen! Welcome! Achlan wa sachlan! Bienvenidos! Privet… Redebeitrag bei der “Parade der Unsichtbaren” gegen das #StadtFestSpiel weiterlesen

Leipzigs Bevölkerung wächst weiter kräftig an

Leipzigs Einwohner_innenzahl steigt weiter kräftig an, insbesondere durch die hohe Zahl der Zuzüge. Im ersten Vierteljahr 2015 zogen 7.675 Personen nach Leipzig. Der Wanderungsgewinn betrug 2.696 Personen, 605 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Überraschend stark ist die Bevölkerung im Leipziger Osten und im Leipziger Westen gewachsen. Insbesondere die Entwicklung in Volkmarsdorf überraschte, hier war die Prognose um fast 10 Prozent niedriger (Zuwachs 2014 absolut: 985 Personen).

Da der Bevölkerungszuwachs deutlich höher ausfällt als selbst in der optimistischen Variante der Bevölkerungsvorausschätzung 2013 erwartet wurde (Wanderungssaldo 2010: +8.450, 2011: +9.690, 2012: +11.669, 2013: +11.349, 2014: +12.933), erarbeitet das Amt für Statistik und Wahlen nun eine neue Bevölkerungsvorausschätzung.

Statistischer_Quartalsbericht_Leipzig_2014_4

Quelle/Bildquelle: Andrea Schultz: Evaluierung Bevölkerungsvorausschätzung 2013 nach dem zweiten Prognosejahr. In: Statistischer Quartalsbericht IV/2014, S. 19-22. Stadt Leipzig, Statistischer Quartalsbericht IV/2014 (PDF, 4,2MB)