»Es fehlt der Wille, die Stadt als Sozialraum zu gestalten«

David Harvey in der Jungle World über Kapitalismus, Großstädte, sozialen Wohnungsbau und migrantische Selbst­organisation

In der vorletzten Ausgabe der Jungle World findet sich ein Interview mit David Harvey unter der Überschrift »Es fehlt der Wille, die Stadt als Sozialraum zu gestalten«

“Jungle World: Gerade für die europäische Linke stellen sich neben der wirtschaftlichen Teilhabe noch ganz andere Fragen, etwa die nach politischer und sozialer Teilhabe. Wie können die Migranten in ihrer Artikulation und ­ihrem Bemühen, sich zu organisieren, gestärkt werden?
Harvey: Darauf muss die Linke Antworten finden. Es ist wichtig, migrantische Selbst­organisation zuzulassen und zu fördern. Ich war vor einiger Zeit in der Türkei, wo viele Flüchtlinge aus Syrien leben. Einige von ihnen haben Geld und man kann zuschauen, wie sie Geschäfte aufbauen. Manche haben sogar die Mittel, Häuser zu kaufen und Leute zu beschäftigen, bevorzugt natürlich Syrer, die einen Job suchen. Solch eine Migrationsbewegung kann einen großen Beitrag zur Entwicklung eines Landes leisten. Es ist falsch, Migration pauschal als ökonomische Belastung zu begreifen. Das ist sie nur dann, wenn man Menschen einsperrt und ihnen verwehrt, sich gesellschaftlich zu beteiligen. Denn die meisten wollen etwas tun, nicht unbedingt um die deutsche Wirtschaft zu stärken, sondern einfach weil sie ihr Leben leben wollen.”

http://jungle-world.com/artikel/2016/12/53722.html Quelle: Frank Müller und Nils Brock: Kapitalistische Investitionspolitik und Stadtentwicklung