Leipzig: Harald Simons (#empirica) prognostiziert 100.000 neue Einwohner_innen bis 2030. #WoPoLE In der heutigen LVZ finden sich gleich zwei Artikel zum Einwohner_innenwachstum in Leipzig und seinem Umland. Im Regionalteil referiert Jens Rometsch den Vortrag des Vaters der #Schwarmstadt-Theorie, Prof. Harald Simons, beim 27. Leipziger Immobiliengespräch. Demnach verhält es sich mit den unterschiedlichen Prognosen zum Leipziger Einwohner_innenwachstum recht einfach: Die Wahrheit liegt Simons zufolge ungefähr in der Mitte. Die aktuelle Bevölkerungsprognose der Stadt, der zufolge Leipzig bis zum Jahr 2030 um 150. 000 auf 722. 000 Einwohner_innen wächst, sei unrealistisch. Das für Leipzig entscheidende Einzugsgebiet, aus dem 80 Prozent der Zuzüge stammen,, falle verhältnismäßig klein aus. Es umfasse nur zehn Prozent von Deutschland. Obendrein wären dort schon etliche junge Leute weggezogen. „Leipzig zieht stark aus einem Gebiet, wo bald keiner mehr ist.“ Jedoch bezweifelt er auch die 6. regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes in Kamenz. Hier wird von einem Anstieg von 70. 000 Einwohner_innen bis 2030 ausgegangen. Simons: „Landesprognosen schwächen die Trends immer massiv ab. Je höher sie die Zahlen für die #Schwarmstädte ansetzen würden, desto niedriger müssten die für Hoyerswerda sein.“ Dies hätte zur Folge, dass strukturschwache Gebiete kaum noch Geld bekämen. Simons schätzt das Zuwachspotenzial auf rund 100.000 Einwohner_innen bis 2030, so der Professor. „Das ist immer noch ein Hammer.“ Für diese Menschen müssten – den heutigen Leerstand bereits einberechnet – in dieser Zeit über 50. 000 Wohnungen zusätzlich entstehen. Da sich neue Häuser jedoch nur mit Mietpreisen kostendeckend errichten ließen, die etwa doppelt so hoch wie der aktuelle Leipziger Mietspiegel liegen, ticke hier „eine sozialpolitische Bombe“. Laut Simons sei es Unfug anzunehmen, weil die Einkommen in der Region recht niedrig sind, könnten die Mieten nicht explodieren. „Aus München oder Berlin wissen wir: Erst steigen die Mieten, danach die Einkommen. Ärmere Schichten ziehen aus der Stadt heraus und die Gutsituierten ins Zentrum.“ Die Großen der Leipziger Immobilienwirtschaft stimmen ein: Dies könne nicht das Ziel des eigentlich erfreulichen Wachstums sein. Christoph Gröner, namengebender Vorstand der CG Gruppe AG, verweist auf ein Forschungsprojekt mit der TU München zum kostensparenden Einsatz vorgefertigter Bauelemente. „In Leipzig fehlt aber ein Masterplan, wie die vielen Zuzüge zu bewältigen sind.“ In das gleiche Horn bläst Hannes Koefer, Vorstand der Stadtbau AG: Die Planung von Schulen dauere zu lange. Die Bodenpreise würden explodieren, obwohl Leipzig anders als Köln über genug innerstädtische Flächenreserven verfüge. Die geringe Eigentumsquote von 18 Prozent werde kaum genutzt, um etwa durch geförderte Mietkaufmodelle für Familien soziale Sicherheit zu schaffen. Letztlich sieht Simons jedoch kein Markt-, sondern lediglich ein Politikversagen: „Wenn in Leipzig die Bodenpreise drastisch steigen, ist das ein Versagen der Politik, die nicht genug Bauland ausgewiesen hat.“ Dabei blendet er vor allem den Einfluss aktueller Strategien von Anleger_innen aus ganz Deutschland und der Welt aus, aber auch die Tatsache, dass ein beträchtlicher Teil der Leipziger Bauflächen – insbesondere Lückenschließungen und innerstädtische Brachflächen – ohne vorherige Ausweisung von Bauland und ohne Bebauungspläne nach § 34 Baugesetzbuch bebaut werden kann. Viele dieser Flächen dienen jedoch lediglich als Spekulationsobjekt. Nicht wenige der kleineren Baulandreserven, insbesondere aber die großen Bauflächen auf ehemaligen Bahngeländen wie hinter dem Bayerischen Bahnhof oder auf dem Eutritzscher Freiladebahnhof sind bereits im Besitz großer Immobilienfirmen, allen voran die beiden genannten Firmen CG Gruppe AG und Stadtbau AG.