„Die Welt zieht in die Stadt“/ #Großstädte. #Landflucht hält an. Ursachen und Folgen erklärt Reiner Klingholz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung im heute.de-Interview.
ZDF heute: „Seit rund zehn Jahren leben weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Und die Landflucht hält an, egal ob in Europa, Afrika, Amerika oder Asien. Die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung erklärt Reiner Klingholz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung im heute.de-Interview.
heute.de: Warum zieht es die Menschen überall auf der Welt in die Städte?
Reiner Klingholz: Dahinter steckt ein Strukturwandel. Früher hat die Mehrheit der Menschen in der Landwirtschaft gearbeitet, wie wir es heute noch in den meisten afrikanischen Ländern beobachten können. In Deutschland aber arbeiten mittlerweile keine zwei Prozent der Bevölkerung mehr in der Landwirtschaft. Arbeitsplätze in modernen Wissensgesellschaften, wie wir sie in Europa oder den USA haben und wie sie sich in China entwickeln, entstehen mehrheitlich dort, wo sich Unternehmen, Forschungseinrichtungen und kluge Köpfe aufhalten – nämlich in urbanen Lebensräumen mit mehreren hunderttausend Einwohnern. …
heute.de: Welche Gebiete in Deutschland sind besonders von Landflucht betroffen?
Klingholz: Es sind die entlegenen ländlichen Gebiete im Osten, wie Vorpommern, das äußere Brandenburg, Teile von Sachsen-Anhalt oder Sachsen. Im Westen finden wir sie entlang der ehemaligen Zonengrenze vom Harz bis in den Bayerischen Wald, in der Südwest-Pfalz, in Nordhessen, der Eifel und im Hunsrück.
heute.de: Wen zieht es in die Städte?
Klingholz: Alle. Familien sind die einzigen, die es noch aufs Land zieht. Aber eben auch nicht in die Pampa, wo es keine Arbeitsplätze gibt, wo Schule und Arzt fehlen, sondern in die ländlichen Speckgürtel um die großen Städte herum.
heute.de: Was müssen Politikerinnen und Politiker tun, um den Strukturwandel mitzugestalten?
Klingholz: Ein großes Herz für den ländlichen Raum haben Politiker, deren Wählerschaft dort lebt. Also machen sie auch für diese Menschen Politik. Ob das immer erfolgreich ist, ist eine andere Frage. Man sollte keine Regionen fördern, in denen die Förderung keinen Effekt hat. … .“