Schland: “Stadt oder Land – wo wollen wir leben?” Kulturanthropologin @GertraudKoch und Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang Maennig im @abendblatt-Gespräch (50 min) über #Metropolregionen, #Stadtflucht, #Landflucht, #Abwanderung u.a.m.
Hamburger Abendblatt: “Stadt oder Land – wo wollen wir leben? Die Frage bewegt immer mehr Menschen auch deshalb, weil sie sich eine Wohnung oder ein Haus in Hamburg nicht mehr leisten können. Trotzdem wird der Ansturm auf die Stadt wohl anhalten – sagen die Professoren Wolfgang Maennig und Gertraud Koch. …
Koch: In der Stadt kann man auch in einer nicht so schönen Gegend mit Ärztemangel und anderen Problemen wohnen, ist aber innerhalb kurzer Zeit in einer Umgebung mit vielen Angeboten für Kultur, Bildung und Konsum. Dadurch ergeben sich in den Städten für die Menschen andere Lebenschancen und -perspektiven.
Das klingt nicht danach, als würde es irgendwann einmal wieder eine Gegenbewegung geben, also eine Stadtflucht.
Koch: Es gibt ja immer wieder Menschen, die von der Stadt auf das Land ziehen. Aber es ist nicht absehbar, dass das noch einmal eine breite Bewegung werden wird.
Ich versuche trotzdem, eine Lanze fürs Leben auf dem Land zu brechen: Man kann sich dort ein größeres Haus leisten, mit Garten, die Luft ist besser, der nächste Nachbar ist weit, in den Schulen ist die Welt noch in Ordnung. Das sind doch große Vorteile.
Maennig: Ja, für die, die so etwas möchten. Aber offensichtlich haben immer weniger Menschen Lust und Zeit, einen 1000 Quadratmeter großen Garten zu pflegen. Denen reicht ein kleiner Balkon mit ein paar Geranien, weil sie ihre Freizeit nicht mit Rasenmähen verbringen wollen. Es gibt, wie gesagt, immer mehr attraktive Freizeitbeschäftigungen.
Koch: Ich würde mich trotz allem aber auch gern Ihrem Loblied auf das Land anschließen. Das Leben dort hat viele Vorzüge. Wenn Menschen in die Stadt ziehen, hat es oft nicht damit zu tun, dass sie das Landleben nicht mögen. Es geht um praktische Dinge, insbesondere um den Arbeits- oder Studienplatz. Die Landflucht hat zudem viel mit der Entwicklung Deutschlands zu einem Dienstleistungsland zu tun, in dem die entsprechenden Firmen in den Städten sitzen. Aber Herr Maennig hat auch recht: Landleben bedeutet richtig Arbeit.
Maennig: Trotzdem darf man nicht sagen, dass es keine Rückbesinnung auf das Landleben geben kann. In dem Moment, in dem die genannten Raumüberwindungskosten geringer werden – also etwa durch ein besseres Internet auf dem Land, durch schnellere Straßen – und die Preise in den Städten weiter steigen, werden auch wieder mehr Menschen “aufs Land” ziehen. In Hamburg kann man das daran erkennen, dass aktuell der Zuzug in den Speckgürtel zunimmt. … .”
https://www.abendblatt.de/hamburg/article214207125/Stadt-oder-Land-Die-Fragen-des-Lebens.html