Positionspapier an die demokratischen Fraktionen im Stadtrat
veröffentlicht am 5. Februar 2025
Der Leipziger Wohnungsmarkt ist angespannt, was viele Mieter*innen spüren. Die Zahl der verfügbaren Mietwohnungen hat sich deutlich verringert und der marktaktive Leerstand sinkt weiter. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, zumal auch die Neubautätigkeit aufgrund der Krise rückläufig ist. Diese Entwicklungen haben die Mietpreise – sowohl für Bestandswohnungen als auch für Neuanmietungen – deutlich ansteigen lassen. Ein weiterer Faktor für die steigenden Mietpreise sind teure Modernisierungen, die in den letzten Jahren in mehreren Stadtteilen zu Verdrängungsfällen geführt haben.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Stadt Leipzig bereits 2020 und 2022 acht großflächige Gebiete mit sozialer Erhaltungssatzung ausgewiesen. Diese Gebiete wurden nicht willkürlich, sondern nach gründlichen und detaillierten Untersuchungen festgelegt. Dabei wurden insbesondere das Verdrängungspotential und der Verdrängungsdruck in den jeweiligen Stadtteilen berücksichtigt. Der Stadtrat traf auf dieser Basis entsprechende Beschlüsse. Jetzt möchte jedoch die CDU-Fraktion diese Erhaltungsgebiete im Rahmen eines Haushaltsbeschlusses wieder abschaffen. Ihre Begründung lautet, dass die sozialen Erhaltungssatzungen zwar einen hohen finanziellen und administrativen Aufwand erfordern, aber nur einen „unterhalb der Messbarkeit liegenden Effekt“ erzielen würden. Empirische Belege für diese Behauptung liefert die CDU allerdings nicht. Sie ignoriert die zahlreichen Fälle, die in den letzten Jahren in den Erhaltungsgebieten von der Leipziger Verwaltung bearbeitet wurden, sowie die laufenden Evaluierungen der seit 2020 bestehenden Gebiete.
Im Gegensatz dazu kommt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aus dem Jahr 2024 zu dem Ergebnis, dass in Erhaltungsgebieten häufig auf nicht genehmigungsfähige Modernisierungen verzichtet wird. Die Studie bestätigt, dass die Dynamik von Veränderungen in sozialen Erhaltungsgebieten durch die Verpflichtung zur Genehmigung baulicher Maßnahmen gedämpft wird. Zwar lassen sich die Wirkungen auf bezahlbares Wohnen nicht exakt quantifizieren, aber die Erhaltungsgebiete stellen eine wichtige Ergänzung zu anderen wohnungspolitischen Instrumenten dar. Ihr Beitrag zum Schutz vor Verdrängung ist umso größer, je intensiver das Veränderungsgeschehen in den Gebieten ist (Nelle et. al. 2024).
Die soziale Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 ist also ein notwendiges Instrument, das den Erhalt dieser Gebiete unterstützt. Sie ermöglicht es der Stadt Leipzig, Maßnahmen zu ergreifen, um die Verdrängung der Bewohner*innen zu verhindern. Wird eine solche Erhaltungssatzung erlassen, müssen Eigentümer*innen, die ihre Mietwohnungen umbauen oder modernisieren wollen, spezifische Regeln beachten. Dazu gehört unter anderem, dass Maßnahmen wie die Zusammenlegung von Wohnungen oder wohnwerterhöhende Veränderungen, die nicht dem üblichen Standard in einem Gebiet entsprechen, vermieden werden. Durch diese moderaten Sanierungen bleibt das Mietniveau im Rahmen. Darüber hinaus wird so die Veränderung der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung verzögert. Solche Erhaltungssatzungen schützen auch die bestehende soziale Infrastruktur, die an die Bevölkerungsstruktur angepasst wurde und damit kommunale Investitionen.
Daher rufen wir die anderen demokratischen Fraktionen im Leipziger Stadtrat dazu auf, den Antrag der CDU abzulehnen. Dieser Antrag steht im Widerspruch zu den Interessen der Mieter*innen, die 85% der Leipziger Bevölkerung ausmachen. Stattdessen fordern wir die Aufnahme neuer Gebiete wie in Schönefeld (westlicher Bereich) und die stärkere Berücksichtigung solcher Stadtteile, in denen eine zweite Sanierungswelle schon jetzt anläuft. Dazu gehört insbesondere auch die Südvorstadt, die in deutlich größerem Umfang erneut geprüft werden sollte.
Literatur: Nelle, A.; Veser, J.; Jacobs, T.; Plötzer, S. (2024): Instrumente zur Sicherung des bezahlbaren Wohnens und zum Erhalt vielfältiger Nutzungen, Hg. BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. BBSR-Online-Publikation 06/2024. Bonn.