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das ganze Baugesetzbuch

Wir wollen nicht nur sechs kleine Milieuschutzgebiete, sondern das ganze Baugesetzbuch – und noch mehr!

Das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ setzt sich seit 2017 intensiv für die Einführung sogenannter Milieuschutzgebiete ein. Wir freuen uns, dass unsere Forderungen aus der Pressemitteilung vom 9. Juni 2020 nun zum Teil umgesetzt werden und mit den ersten sechs Gebieten etwa 48.000 von insgesamt 343.000 Haushalten in Leipzig (also ca. 14 Prozent) einen gewissen Schutz vor Luxusmodernisierungen und den damit verbundenen Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen erhalten.

Das ist jedoch nicht genug! Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen fordern wir deshalb:

1. Milieuschutzgebiete ausweiten und weitere Quartiere auf Anwendbarkeit der sozialen Erhaltungssatzung prüfen!

Seit Sommer 2020 bestehen in sechs sogenannten Milieuschutzgebieten in Leipzig soziale Erhaltungssatzungen nach § 172 des Baugesetzbuches (BauGB). Rings um die Eisenbahnstraße, am Lene-Voigt-Park, in weiten Teilen von Connewitz, Lindenau und Altlindenau sowie in einem kleinen Bereich von Eutritzsch soll damit die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen erhalten werden. Nun können in den genannten Gebieten durch die Stadtverwaltung bauliche Maßnahmen unterbunden werden, wenn durch diese eine Verdrängung ansässiger Bevölkerungsgruppen zu befürchten ist.

Bei der Ratsversammlung am 14. Oktober wird auf Vorschlag der Stadtverwaltung darüber diskutiert und abgestimmt, ob für vier zusätzliche Gebiete Aufstellungsbeschlüsse getroffen und ein detaillierte Untersuchungen beauftragt werden sollen. Die betreffenden Gebiete in Kleinzschocher, Plagwitz, Leutzsch und Altlindenau grenzen z. T. unmittelbar an die bereits beschlossenen Milieuschutzgebiete an und sind den gleichen immobilienwirtschaftlichen Prozessen unterworfen. Sie sind von den bisherigen Satzungen nur deshalb nicht erfasst worden, weil bei den Haushaltsbefragungen zu wenige Mieter_innen erreicht wurden, sodass keine ausreichende Datengrundlage zustande kam. Dennoch wurde in der ersten Detailuntersuchung für den Leipziger Westen das Aufwertungspotenzial in den neuen Teilgebieten in Kleinzschocher, Plagwitz, Altlindenau und Leutzsch bereits als hoch eingestuft. Daraus folgte die Empfehlung, die genannten Gebiete im Zusammenhang mit ihrer Umgebung vertiefend zu untersuchen.

Wir fordern die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen daher auf, den Weg für eine solche Untersuchung und die Erweiterung der Milieuschutzgebiete freizumachen und den Aufstellungsbeschlüssen zuzustimmen.

Bei der im April 2020 durchgeführten Detailuntersuchung für den Stadtraum Nord wurden neben dem mittlerweile beschlossenen Satzungsgebiet in Eutritzsch auch ein kleiner Teil von Gohlis untersucht und dabei ein signifikantes Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial nachgewiesen. Zugleich erwies sich dieses Gebiet jedoch als zu klein für einen sinnvollen Satzungsbeschluss.

Für das Untersuchungsgebiet Gohlis und die potenziellen Erweiterungsgebiete links und rechts der Georg-Schumann-Straße, besser aber ausgreifend bis nach Möckern oder Wahren sollte daher ebenfalls bald ein Aufstellungsbeschluss getroffen und eine erneute Untersuchung eingeleitet werden.

In ähnlicher Weise gilt dies für bislang noch nicht untersuchte Bereiche der Stadt mit einem hohen Anteil an gründerzeitlicher Bausubstanz wie etwa in Schönefeld, Sellerhausen-Stünz oder Stötteritz.

2. Wirksamkeit der Milieuschutzgebiete erhöhen und weitere Instrumente zur Anwendung bringen!

Die Milieuschutzgebiete sind eines der schärfsten der vielen eher stumpfen Schwerter im Arsenal der Wohnungspolitik. Dieses Schwert kann und muss noch weiter geschärft und damit besser nutzbar gemacht werden. Dazu ist in erster Linie ein Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nötig. In der Bundesregierung und im Bundestag hat die Auseinandersetzung um ein wirksames Umwandlungsverbot im Rahmen der geplanten Novellierung des Baugesetzbuches jüngst an Dynamik gewonnen gewonnen; der Ausgang ist jedoch ungewiss.

Die sächsische Landesregierung will derweil laut Koalitionsvertrag, den Kommunen ermöglichen, „bei Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, zu denen „Instrumente wie die Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen sowie Zweckentfremdungs- und Umnutzungsverbote“ zählen. Das zuständige Staatsministerium für Regionalentwicklung unter Thomas Schmidt (CDU) zeichnet sich diesbezüglich jedoch bisher durch Untätigkeit aus. Wie zuletzt im Juni 2020 vom Leipziger Stadtrat beauftragt, sollten sich Oberbürgermeister und Stadtverwaltung dringend für entsprechende landesrechtliche Regelungen einsetzen.

Bei den anstehenden Verhandlungen über den städtischen Haushalt müssen überdies unbedingt ausreichende Mittel vorgesehen werden, um in den Milieuschutzgebieten wo nötig das kommunale Vorkaufsrecht an Mietshäusern nutzen zu können. Da dieses in der Regel zugunsten Dritter – der kommunalen Wohnungsgesellschaft, Genossenschaften oder anderen gemeinwohlorientierten Trägern – ausgeübt wird, fallen effektiv nicht die vollen Kaufpreise als städtische Ausgaben an. Sinnvoll sind jedoch Zuschüsse, durch die auch bei hohen Preisen bezahlbare Mieten erhalten werden können. Solche leistet beispielsweise das Land Berlin, wo mehrere Bezirke eine effektive Praxis zur Nutzung des Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten entwickelt haben.

Wir fordern die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen daher auf, sich sowohl im Stadtrat – insbesondere bei der Erstellung des nächsten Haushalts – als auch bei ihren Parteien und Fraktionen auf Landes- und Bundesebene dafür einzusetzen, die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Nutzung weiterer Instrumente in Milieuschutzgebieten und darüber hinaus zu schaffen!

3. Sozialplanung nach § 180 BauGB wieder aufnehmen!

Um Mieter_innen wirksam vor starken Mietsteigerungen und Verdrängung zu schützen, sollten des Weiteren die Instrumente der Sozialplanung nach § 180 BauGB genutzt werden, wie dies zu Beginn der 1990er Jahre in Leipzig bereits erfolgreich praktiziert wurde.

Sozialpläne können Maßnahmen vorsehen, die nachteiligen Auswirkungen von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen auf die Lebensumstände der in dem Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen vermeiden oder mildern.

4. Einführung von Verordnungsmieten auf der Grundlage gebietsspezifischer Mietspiegel prüfen!

Damit die Stadtverwaltung sinnvoll prüfen kann, ob Modernisierungen in Milieuschutzgebieten über den zeitgemäßen Ausstattungsstandard hinausgehen, sind stringente Prüfkriterien erforderlich. Einige Bezirke in Berlin nutzen hierzu die Messung einer Verordnungsmiete, die auf gebietsspezifischen Mietspiegeln basiert. Nach einer Modernisierung veranschlagte Mieten müssen im Rahmen der Verordnungsmiete liegen, damit eine Modernisierungsmaßnahme nicht als Gefährdung der Ziele des Milieuschutzes gilt. Andernfalls wird sie untersagt. Die gebietsspezifischen Mietspiegel sind dabei auf wissenschaftlicher Grundlage und statistisch fundiert zu erstellen.

Wir bitten die Stadträtinnen und Stadträte aller demokratischen Fraktionen, sich mit ihren Parteifreund_innen in den betreffenden Berliner Bezirken zu beraten, inwieweit das Instrument der Verordnungsmieten auch in Leipzig sinnvoll und rechtssicher eingesetzt werden kann. Bei positiver Prüfung sollte der Stadtrat die Stadtverwaltung bald mit der Umsetzung beauftragen.

Wir Leipziger Mieter_innen leben in einer Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt. Auch wenn die Corona-Pandemie und ihre gesellschaftlichen Folgewirkungen vermutlich einige Änderungen mit sich bringen, wird sich die Situation insbesondere für Menschen, die nur über niedrige Einkommen verfügen und/oder aus anderen Gründen auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt werden, nicht so schnell ändern. Daher müssen die bestehenden wohnungspolitischen Instrumente zur Anwendung gebracht, ausgeweitet und verbessert werden sowie neue Maßnahmen entwickelt werden.

Milieuschutz: Jetzt aber los!

Modernisierungen beobachten – kommunales Vorkaufsrecht nutzen

Das Netzwerk Leipzig – Stadt für alle fordert Leipziger Mieter*innen auf, unzulässige Modernisierungen zu melden, und die Stadt Leipzig, ihr Vorkaufsrecht in Milieuschutz­gebieten zu nutzen.

In der Ratsversammlung am Mittwoch, den 10. Juni 2020 wird voraussichtlich die Einrichtung von sechs Gebieten mit Sozialer Erhaltungssatzung („Milieuschutzgebieten“) in Leipzig beschlossen. Mit dieser Anwendung des § 172 des Baugesetzbuches zückt die Stadt Leipzig das wohl schärfste der relativ stumpfen Schwerter, die Bundes- und Landesrecht zur Bekämpfung von Mietpreisspiralen und Verdrängung bereithalten: In Milieuschutzgebieten dürfen Wohnungen nur bis zu einem durchschnittlichen Standard modernisiert werden. Überdies steht der Stadt ein Vorkaufsrecht an Wohnhäusern zu.

Das Netzwerk hatte bereits bei der Erarbeitung des Wohnungspolitischen Konzepts 2015 die Nutzung von Erhaltungssatzungen gefordert. 2017 wurde in einem offenen Brief von Mieterverein Leipzig e.V., Haus- und WagenRat e.V., der Alternativen Wohngenossenschaft Connewitz eG, mehreren Bürgervereinen und zahlreichen weiteren Initiativen sowie über 500 Leipziger*innen gefordert: „Endlich ernst machen mit einer Wohnungspolitik für eine wachsende Stadt! Milieuschutz und Vorkaufsrechte jetzt!

Es hat seither noch zweieinhalb Jahre mit etlichen Volten im Stadtrat gedauert, bis diese Forderungen für vorerst sechs Gebiete mit zusammen ca. 48.000 Wohnungen nun teilweise erfüllt werden. Dass das Instrument auch Erfolg haben wird, steht jedoch noch keineswegs fest, wie Tobias Bernet von „Stadt für alle“ erläutert: „Viele bauliche Änderungen über den ortsüblichen Standard hinaus können auch realisiert werden, ohne dass die Stadt davon etwas mitbekommt. Der Einbau luxuriöser Ausstattungen im Wohnungsinneren erfordert beispielsweise nicht zwingend einen Bauantrag.“ Damit die Erhaltungssatzungen Wirkung entfalten, sei deshalb Folgendes nötig:

1. Informierte Mieter*innen wissen, was erlaubt ist: Damit die Stadtverwaltung von Modernisierungsmaßnahmen erfährt, für die kein Bauantrag gestellt wird, und diese prüfen und gegebenenfalls untersagen kann, müssen Mieter*innen darüber informiert sein, was Vermieter*innen dürfen und was nicht. Die Stadtverwaltung sollte eine breite Informationskampagne in den betroffenen Stadtteilen einleiten. Niedrigschwellige Anlaufstellen im Stadtteil werden genauso gebraucht wie leicht verständliche Unterlagen.

2. Vorkaufsrechte nutzen und mieterfreundliche Bewirtschaftung finanzieren: Mit dem kommunalen Vorkaufsrecht hat die Stadtverwaltung die Möglichkeit, Wohnhäuser in Milieuschutzgebieten dem Immobilienmarkt dauerhaft zu entziehen. In anderen Städten bewährt hat sich die Nutzung des Vorkaufsrechtes zugunsten Dritter: Kommunale Wohnungsgesellschaften (wie die LWB), Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger können sich in solchen Fällen verpflichten, Häuser in Übereinstimmungen mit den Zielen des Milieuschutzes zu bewirtschaften. Dafür braucht es aber entsprechende Mittel: Um den profitorientierten Wohnungsmarktakteuren anzuzeigen, dass es die Stadt Leipzig mit dem Milieuschutz ernst meint, müssen im städtischen Haushalt Mittel vorgesehen werden, welche die Lücke schließen zwischen Häuserpreisen und Finanzierungen, die ohne übermäßig steigende Mieten erwirtschaftet werden können.

3. Weitere Milieuschutzgebiete ausweisen: Die den aktuellen Satzungsbeschlüssen zugrunde liegenden Untersuchungsberichte legen nahe, dass bei eingehender Prüfung weitere Gebiete die Kriterien für eine Soziale Erhaltungssatzung erfüllen würden. Schon das Beispiel Connewitz, wo erst auf Antrag eine Untersuchung durchgeführt wurde, zeigt, dass die anfänglichen Grobscreenings auf Grundlage von mittlerweile vier Jahre alten Daten das Aufwertungs- und Verdrängungspotenzial nur ungenügend abgebildet hatten. In Stadtteilen, wo eine ähnliche Situation vermutet werden kann wie in den jetzt vorgeschlagenen Satzungsgebieten, sollten unverzüglich neue Detailuntersuchungen in die Wege geleitet werden. Das gilt insbesondere für Kleinzschocher und Schönefeld-Abtnaundorf, womöglich auch für Mockau-Süd, Möckern und Wahren.

„Mit gut konzipierten Milieuschutzsatzungen und einer entschlossenen Nutzung von Vorkaufsrechten kann das kommunale Gemeinwesen der Profitlogik im Wohnungssektor und der Verdrängung von Menschen mit geringen und durchschnittlichen Einkommen aus zahlreichen Stadtvierteln etwas entgegensetzen“, sagt Tobias Bernet von „Stadt für alle“. „Doch gerade jetzt, wo die Corona-Krise gezeigt hat, wie wichtig ein sicheres Zuhause ist, ist eine Wohnungspolitik gefordert, die über solche Defensivmaßnahmen hinausgeht. Wir brauchen eine viel stärkere Regulierung der Miet- und Bodenpreise auf Bundesebene.“

Pressemitteilung: Für eine politische Vertretung der Mieter*innen in Leipzig

Das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ fordert mehr politisches Engagement des Mietervereins Leipzig

Gemeinsam mit anderen Initiativen ruft das Netzwerk Mieterinnen und Mieter dazu auf, Mitglied im Mieterverein Leipzig (MVL) zu werden, um ihre eigenen Interessen bei der Erhaltung bezahlbarer Mieten künftig durch den Verein vertreten zu können. Die Mitglieder des MVL lädt „Stadt für alle“ ausdrücklich zur Teilnahme an der Mitgliedervollversammlung am 21. Oktober 2019 um 16 Uhr in der Geschäftsstelle (Hans-Poeche-Str. 9) ein.

Der Aufruf beinhaltet unter anderem Forderungen an den MVL wie kostenlose Mietberatung in den zu errichtenden Leipziger Milieuschutzgebieten, attraktivere Beratungsangebote sowie eine bessere Öffentlichkeitsarbeit verbunden mit einem verstärkten mietenpolitischen Engagement des Mietervereins.

Tobias Bernet für Stadt für alle: „Wohnen und Mieten gehören zu den drängenden Probleme in der Stadt. Wir sehen in den letzten Jahren aber nicht, dass sich der MVL energisch für die Wahrnehmung der Interessen der Mieter*innen in Leipzig und für eine soziale Wohnungs- und Mietenpolitik einsetzt. Deswegen wollen wir den Mieterverein ermächtigen, eine tatsächliche Mieter*innenvertretung zu werden – weg von reinen Beratungsleistungen hin zur politischen Initiative.“

Der Aufruf »Für eine politische Vertretung der Mieter*innen in Leipzig« wird unterstützt von:

Tagung 2./3.11.2018 "Von der Großstadtfeindschaft zum Nazikiez? Anti-/urbane Kontexte des autoritären Populismus"

Stadtpolitische Tagung „Von der Großstadtfeindschaft zum Nazikiez? Anti-/urbane Kontexte des autoritären Populismus“

gemeinsame Pressemitteilung Netzwerk Leipzig – Stadt für alle || Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz

Das Forschungsprojekt PODESTA richtet am 2. und 3. November in der Leipziger Galerie KUB eine Tagung im Themenfeld des erstarkenden Populismus aus. Forschungsgegenstand sind die Strategien unterschiedlicher Akteure, die sich im Handlungsfeld Stadt mit der populistischen Herausforderung auseinandersetzen. Das universitäre Verbundprojekt PODESTA (Populismus|Demokratie|Stadt) untersucht seit 2017 Konflikte um Stadtentwicklung in Leipzig und Stuttgart. Das Netzwerk Leipzig – Stadt für alle beteiligt sich als Kooperationspartner im Forschungsprojekt.

Mit der Krise der liberalen Demokratie droht sich das Politikfeld Stadt für die Rechte zu öffnen. Autoritär-populistische Haltungen, Strömungen und Parteien gewinnen an Rückhalt. Die Rechten versuchen darüber hinaus, sich als urbane Bewegungen neu zu erfinden (Identitäre Bewegung) oder mit einer völkischen Sozialpolitik (Teile der AfD) die Löcher zu stopfen, die die neoliberale Stadtumstrukturierung hinterlassen hat.

Während der Tagung werden folgende Fragestellungen betrachtet: Welche Stadt-Land-Unterschiede lassen sich in Ausmaß und Ursache des Rechtspopulismus beobachten? Wie real ist die Gefahr einer Stadtpolitik von rechts? Welche Konflikte um eine demokratische Stadt für alle sind zu erwarten?

Tobias Bernet, für Leipzig – Stadt für alle an der Tagung beteiligt: „Wir wollen mit der Veranstaltung den weit verbreiteten Eindruck hinterfragen, dass der Rechtsruck v. a. aus den ländlichen Regionen kommt. Auch in Leipzig gibt es Stadtteile, in denen fast 30% der Wählerstimmen zur Bundestagswahl 2017 an die AfD gingen. Warum? Welche Rolle spielen etwa Verdrängungsdruck am Wohnungsmarkt oder räumliche Segregation?“

Anne Kämmerer, die für Leipzig nimmt Platz am Freitag ein Grußwort halten wird, ergänzt: „Als Netzwerk, das es sich zur Aufgabe gesetzt hat, dort Platz zu nehmen, wo Rechte versuchen, die Hegemonie zu beanspruchen, freuen wir uns sehr auf eine Konferenz zu diesem hoch aktuellen Thema. Wir hoffen auf neue Erkenntnisse und gute Diskussionen darüber, wie wirksame Strategien von Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen gegen eine zunehmend heterogen auftretende Rechte entwickelt und umgesetzt werden können.“

Galerie KUB:
Kantstraße 18
04275 Leipzig

Programm:
Freitag, 2. November 2018, 19:00–21:00 Uhr
Begrüßung: Anne Kämmerer (Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz)
Einleitung und Moderation: Prof. Dr. Tilman Reitz (Uni Jena)
Die Rache der Dörfer, Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba (HU Berlin)
Samstag, 3. November 2018, 10:00–16:30 Uhr
10:00 Populismus und Demokratie in der Stadt, Input-Vortrag und Diskussion mit Dr. Peter Bescherer, Dr. Robert Feustel (Uni Jena)
11:00 Rechtspopulistische Sozialpolitiken, Input-Vortrag und Diskussion mit Dr. Floris Biskamp (Uni Tübingen)
12:00 Mittagspause
13:00 Stadtstaaten oder Barbarei? Input-Vortrag und Diskussion mit Tobias Bernet (Netzwerk Leipzig – Stadt für alle, FU Berlin)
14:00 Ins rechtspopulistische Projekt eingreifen: Erfahrungen aus Haustürgesprächen, Input-Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya (HS Magdeburg-Stendal)
15:00 Kaffeepause
15:30 Abschlussdiskussion mit Veranstalter*innen und Gästen

Veranstaltet von:
Forschungsprojekt PODESTA
Unterstützt durch:
Netzwerk Leipzig – Stadt für alle
Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz
Gefördert durch:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Offener Brief zu Milieuschutz und Vorkaufsrechten

Pressemitteilung

Offener Brief an die Stadt Leipzig:
Endlich ernst machen mit einer Wohnungspolitik für eine wachsende Stadt! Milieuschutz und Vorkaufsrechte jetzt!

Das Netzwerk Leipzig – Stadt für alle und verschiedene Verbündete aus der Zivilgesellschaft, darunter der Mieterverein Leipzig, haben heute einen Offenen Brief an die Stadt Leipzig geschickt (vgl. Anhang).
In diesem fordern sie, dass endlich wirksame Maßnahmen gegen die Verdrängung von Mieter_innen ergriffen werden.

Die Leipziger Wohnungspolitik hinkt der Entwicklung der Stadt schmerzlich hinter. Im 2015 verabschiedeten Wohnungspolitischen Konzept (WoPoKo) wurden verschiedene Maßnahmen für einen angespannten Wohnungsmarkt in Aussicht gestellt. Passiert ist seither wenig.

Die Erstunterzeichner_innen des Briefes an den Stadtrat, den Oberbürgermeister, die zuständigen Bürgermeister_innen und Amtsleiter_innen verlangen insbesondere, dass die Stadt so schnell wie möglich das städtebaurechtliche Instrument der Erhaltungssatzung (“Milieuschutz”) und die damit verbundenen Vorkaufsrechte nutzt.

“Dies ist eine konkrete, auf kommunaler Ebene umsetzbare Maßnahme, die unfaire Entmietungen unterbinden kann”, sagt Tobias Bernet vom Netzwerk Leipzig – Stadt für alle.
“Aktuelle Beispiele aus Berlin belegen die Wirksamkeit dieses Vorgehens. Durch einen wirksamen Milieuschutz könnte die Stadt Leipzig das überfällig Signal aussenden, dass unsoziale Verwertungspläne auch hier keine willkommenen ‘Investitionen’ sind.”

Anlass für den Offenen Brief ist unter anderem ein krasses, aber nicht untypisches Beispiel:
Vor Kurzem kündigte der Geschäftsführer der Immobilienfirma “S Immo Germany” in einem Zeitungsartikel unverhohlen an, ein kürzlich in Leipzig erworbenes Haus “entmieten” und die Miete verdoppeln zu wollen (vgl. https://www.derstandard.de/story/2000064978070/oesterreicher-wollen-gefaehrlichste-strasse-deutschlands-aufmoebeln).

Die Erstunterzeichner_innen des Offenen Briefes finden es höchst bedenklich, dass ein solch unsoziales und möglicherweise rechtswidriges Vorgehen öffentlich angekündigt wird. Wohnungsmarktprofiteur_innen in Leipzig rechnen offenbar nicht damit, daran gehindert zu werden.

Weitere Unterzeichner_innen können sich ab dem 9. November online eintragen unter https://leipzig-stadtfueralle.de/unterzeichnen/

Die kreative Behinderung des Sozialen Wohnungsbaus
 durch die Leipziger CDU

Stellungnahme des Netzwerks „Leipzig – Stadt für alle“ zum Antrag
„Flächenvorsorge für innovative Konzepte kostengünstigen Wohnungsbaus“
der CDU-Stadtratsfraktion

Ein Antrag der CDU-Fraktion, über den bei der Stadtratssitzung am 7.
September entschieden werden soll, trägt den verheißungsvollen Titel
„Flächenvorsorge für innovative Konzepte kostengünstigen Wohnungsbaus“
(Vorlage VI-A-03976). Unter dieser wohlklingenden Überschrift wird
jedoch tatsächlich eher das Gegenteil gefordert.

Am gravierendsten ist dabei der Beschlussvorschlag, in Ortsteilen mit
einem Anteil von über 25% ALG-II-Empfängerinnen keine kommunalen Flächen
(und vermutlich auch keine Fördergelder) für den sozialen Wohnungsbau
zur Verfügung zu stellen.

Davon betroffen wären nach Zahlen von Ende 2015 Volkmarsdorf,
Grünau-Mitte, Grünau-Nord und Paunsdorf. Wenn die
Sozialgeldempfängerinnen unter 15 Jahren hinzugerechnet werden (die
Formulierung der CDU ist hier möglicherweise bewusst uneindeutig) kommen
wahrscheinlich weitere Ortsteile wie z.B. Schönefeld-Abtnaundorf,
Schönefeld-Ost, Mockau-Süd und Neustadt-Neuschönefeld hinzu.

Die CDU negiert einmal mehr gänzlich, dass der Leipziger Wohnungsmarkt
nicht statisch ist, sondern sich stark verändert. Gerade in den
innenstadtnahen Stadtteilen des Leipziger Ostens und Nordostens mit im
gesamtstädtischen Vergleich noch relativ preisgünstigen Mieten, aber
gleichzeitig hohen Zuzugszahlen ist die Gefahr der Verdrängung von
Mieterinnen hoch. Daher ist es gerade in diesen Stadtteilen unbedingt
notwendig, in den nächsten Jahren Sozialwohnungen zu schaffen, um die zu
erwartenden Verluste an preiswerten Mietwohnungen zumindest zu einem
gewissen Teil kompensieren zu können.
Aber auch in den Plattenbaugebieten muss wieder sozialer Wohnungsbau
möglich sein. Hier verfügen die kommunale Wohnungsgesellschaft LWB und
die Genossenschaften über mehrere potentielle Bauflächen, die sie an
anderer Stellen in der Stadt kaum mehr erwerben und bebauen können

Weitere Ausführungen entnehmen Sie bitte der beiliegenden ausführlichen Stellungnahme.

Offener Brief: Antwort zur Stellungnahme der LWB vom 27.03.2017

An
Frau Iris Wolke-Haupt, Frau Ute Schäfer, Geschäftsführerinnen der LWB
Kerstin Fischer-Kames, Geschäftsstellenleiterin SüdWest
Herrn Torsten Bonew, Herrn Dieter Deissler, Herrn Prof. Dr. Georg Donat, Frau Ingrid Glöckner, Frau Dr. Sabine Heymann, Frau Annette Körner, Frau Karola Lange, Herrn Heiko Oßwald, Herrn Siegfried Schlegel, Herrn Steffen Wehmann, Herrn Michael Weickert, Aufsichtsräte und Aufsichtsrätinnen der LWB
Frau Dorothee Dubrau, Aufsichtsratsvorsitzende der LWB und Baubürgermeisterin
Herrn Burkhard Jung, Oberbürgermeister
Frau Katharina Krefft, Herrn Sören Pellmann, Herrn Frank Tornau, Herrn Norman Volger, Herrn Christopher Zenker, Herrn René Hobusch, Fraktionsvorsitzende im Stadtrat

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Februar 2017 hatten LWB-Mieter*innen aus der Südvorstadt und Connewitz einen offenen Brief an Sie gerichtet. Darin forderten wir das Ende des stillen Leerzugs – keine Neuvermietung frei werdender Wohnungen – der ca. 300 Wohneinheiten in un- und teilsanierten Häusern in unseren Stadtteilen sowie Transparenz und Beteiligung bei den Sanierungs- und Modernisierungsplanungen. Diesen Brief hatten etwa 100 LWB-Mieter*innen, also die Mehrheit der noch in den betroffenen Häusern verbliebenen, unterzeichnet. Die Antwort der LWB-Geschäftsführung, die wir am 27.03.2017 erhalten haben, ist äußerst vage und verweigert sich einem Dialog auf Augenhöhe. Mit diesem zweiten offenen Brief möchten wir erneut versuchen, einen solchen aufzunehmen, zumal wir glauben, dass eine sozialverträgliche Wohnungspolitik in Zeiten allseits steigender Mieten in Leipzig dringend geboten ist. Der Umgang mit den noch unsanierten LWB-Wohnungsbeständen im Leipziger Süden entscheidet in unseren Augen mit über den Charakter dieses Teils der Stadt.

Wir möchten im Folgenden zunächst Punkt für Punkt auf Ihre Antwort eingehen und dann konkrete Vorschläge für behutsame Modernisierungen und eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen LWB und Mieter*innen vorlegen.

(1) Als Grund dafür, leerstehende Wohnungen nicht neu zu vermieten, nennen Sie unter anderem den Zustand der Haus- und Wohnungselektrik sowie der Heizungs- und Gasanlagen. Zunächst kann dieses Argument nicht für alle betroffenen Häuser gleichermaßen gelten; in einigen wurden die Elektroanlagen bereits in den vergangenen Jahren erneuert – auch in bewohntem Zustand. Somit stellt sich die Frage, wieso das andernorts nicht auch möglich sein soll . Weiterhin gibt es Fälle, in denen für Mieter*innen in den betroffenen Häusern auch dann ein Umzug innerhalb des Hauses nicht möglich ist, wenn die bisherige Wohnung sich in einem schlechteren baulichen Zustand befindet als die aktuell leerstehende. Wir beobachten: Wohnungen in den betroffenen Häusern werden aktuell prinzipiell nicht mehr neu vermietet, mit ihrem baulichen Zustand hat das nur selten zu tun.

(2/3) Die Antwort auf unsere Forderung nach mehr Transparenz ist sehr vage. In Bezug auf die Richard-Lehmann-Str. 39-43 sprechen Sie von einem „Pilotprojekt“, bei dem „die erforderlichen Maßnahmen gemeinsam mit dort wohnenden Mietern durchgeführt werden sollen“. Tatsächlich war davon in den vergangenen Monaten nichts zu spüren, im Gegenteil: Sie drängen weiterhin langjährige – zum Teil seit Jahrzehnten dort wohnhafte, hoch betagte – Mieter*innen zum Auszug. Die Möglichkeit, im Gebäude wohnen zu bleiben, wird nicht erwähnt, ebenso nicht der Mietpreis nach einer Sanierung. Anstatt wie von uns gefordert, den Dialog mit uns Mieter*innen als Gruppe zu suchen, setzen Sie mit Umzugsangeboten an einzelne Personen offensichtlich auf ein „Teile-und-herrsche“-Vorgehen.

(4) In unserem ersten offenen Brief fragten wir, ob die LWB bereit ist, günstige Mieten auch nach den Sanierungen zum übergeordneten Ziel ihrer Planungen zu machen. Sie antworten, dass Sie Möglichkeiten, die Mieten zu dämpfen, „prüfen“ werden. Auch das ist mehr als unbestimmt. In den vom Stadtrat am 12.04.2017 beschlossenen Eigentümerzielen für die LWB wird demgegenüber klar festgehalten, dass preisgünstige und mittelpreisige Wohnungen nach Sanierung / Modernisierung im gleichen Marktsegment erhalten bleiben sollen (Vorgehensziel 1.1.8). Zudem soll in Stadtteilen, in denen die durchschnittliche Bestandsmiete oberhalb des gesamtstädtischen Durchschnitts liegt, der Bestand an Wohnungen, die den Angemessenheitskriterien der Richtlinie „Kosten der Unterkunft“ (KdU) entsprechen, gehalten bzw. wenn möglich erhöht werden (Vorgehensziel 1.1.11). Dies trifft auf den Leipziger Süden unzweifelhaft zu.

Mit dem anhaltenden stillen Leerzug schaffen Sie viel Verunsicherung bei den Mieter*innen in den betroffenen Häusern. Ihre intransparente Kommunikation hinsichtlich der Planungen für diese Häuser sowie der zu erwartenden Mietpreise nach Sanierung / Modernisierung sorgen für eine grundsätzliche Zukunftsunsicherheit bei den Mieter*innen, die sehr belastend ist. Sich leerende Häuser ziehen „Mülltourismus“ an, durch fehlendes Heizen und Lüften wird außerdem die Bausubstanz angegriffen. Mieter*innen müssen höhere Ausgaben und Anstrengungen beim Heizen in Kauf nehmen. Wollen Sie uns das Wohnen in diesen Häusern so unangenehm machen, dass wir von allein ausziehen?

Die Stadt Leipzig hat sich mit ihrem Wohnungspolitischen Konzept 2015 vorgenommen, „Wohnen in Leipzig – für alle, vielfältig, bezahlbar und wirtschaftlich tragfähig“ zu bieten (Leitlinie 1), „insbesondere genügend Wohnungen für einkommensschwache Haushalte“ bereit zu stellen (Leitlinie 2) und „Wohnungspolitik als Teil integrierter Stadtentwicklung“ zu betrachten (Leitlinie 4). Dabei kommt der LWB eine wichtige Rolle zu: Als Gesellschaft im hundertprozentigen Eigentum der Stadt hat sie der sozialräumlichen Segregation aktiv gegenzusteuern, wie dies auch in ihren Eigentümerzielen (Ergebnisziel 1.1 ) festgeschrieben ist. Die ca. 300 un- und teilsanierten Wohnungen der LWB im Leipziger Süden können ein Baustein zur Verwirklichung dieser Ziele sein.

Bisher erhalten wir nur ungenaue und verallgemeinernde Informationen und sind – wie oben im Bezug auf die Richard-Lehmann-Str. 39-43 geschildert – „vereinzelnder“ Kommunikation ausgesetzt. Wir halten das für in höchstem Maße unangemessen, da Probleme wie die unseren viele Leipziger Mieter*innen betreffen und hier somit grundsätzliche Fragen hinsichtlich der Zukunft unserer Stadt verhandelt werden.

Wir fordern von der LWB und den sie steuernden Politiker*innen den Willen zu einem „Pilotprojekt“, das diesen Namen verdient. Arbeiten Sie mit uns Mieter*innen als Gemeinschaft zusammen. Haben Sie den Mut, neue Wege zu gehen und gemeinsam über kreative Lösungen nachzudenken.

Uns ist an einer Sanierung / Modernisierung der Häuser – soweit notwendig – ebenso gelegen wie Ihnen. Wir wollen in deren Planung jedoch umfassend einbezogen werden und den Erhalt günstiger Mieten ins Zentrum stellen. Als ersten Schritt fordern wir deshalb weiterhin die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Mieter*innenfreundliche Sanierung / Modernisierung der LWB-Bestände im Leipziger Süden“ aus entscheidungsbefugten LWB-Mitarbeiter*innen sowie einer angemessenen Vertretung der Mieter*innen zur Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für die betroffenen ca. 300 Wohnungen der LWB im Leipziger Süden. Eine solche Arbeitsgruppe könnte die Problematik von behutsamen und kostengünstigen Sanierungen angehen.

Wir sind überzeugt davon, dass niedrigschwellige und gleichzeitig wirtschaftlich tragbare Sanierungen in (teilweise) bewohnten Zustand möglich sind und dass Wohnungen danach im preisgünstigen Segment verbleiben können. Dies zeigt schon die Tatsache, dass in Leipzig in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Häusern u.a. von selbstverwalteten Wohnprojekten saniert wurden und dabei ein günstiger Mietpreis erhalten werden konnte. Wenn von ehrenamtlichem Engagement getragene Initiativen dies schaffen, dann sollte sich ein großes kommunales Unternehmen einer solchen Herausforderung erst recht stellen.

Da wir von keinen Plänen seitens der LWB in diese Richtung wissen, haben wir selbst ein in diesem Bereich erfahrenes Architekturbüro (Büro SchwarzFormat, Arch. M. Friebe, Schönbachstraße 60, 04299 Leipzig) beauftragt, am Beispiel der Richard-Lehmann-Str. 39-43 zwingend notwendige und langfristig sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen zu identifizieren und entlang einer solchen Vorplanung eine grobe Kostenschätzung vorzunehmen: In diesem Vorschlag werden Heizung, Dämmung und Elektrik als zwingend notwendig, weitere Maßnahmen lediglich aus ästhetischen o.ä. Gründen als „wünschenswert“ (u.a. Wände und Böden in den Wohnungen) angesehen. Diese Kostenschätzung ergab notwendige Investitionen von knapp 700€/m² Wohnfläche. Damit müsste es unter Berücksichtigung des von der LWB angestrebten Eigenkapitaleinsatzes, aktueller Kreditkonditionen sowie Fördermöglichkeiten selbst unter Einbezug eines Anteils von u.U. auf den Grundstücken liegenden „Altschulden“ möglich sein, auch nach Sanierung mindestens in einem Großteil der Wohnungen KdU-fähige Mieten anzubieten – und dies jetzt schon zuzusagen. Wir sind zuversichtlich, dass sich für die anderen unsanierten LWB-Häuser ähnliche Werte ergeben werden. Wie unter anderem verschiedene Projekte des Architekturbüros SchwarzFormat zeigen, sind Sanierungen in einem ähnlichen Umfang in bewohntem Zustand durchaus möglich. Die detaillierten Unterlagen, auf denen diese Einschätzungen beruhen, stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie an einer diesbezüglichen Kooperation tatsächliches Interesse erkennen lassen.

Wir erwarten von der LWB eine Antwort und einen neuen, transparenten Kommunikationsstil. Wir sind Bürger*innen dieser Stadt und verlangen, ernst genommen zu werden. Lassen Sie uns gemeinsam in einer Arbeitsgruppe „Mieter*innenfreundliche Sanierung / Modernisierung der LWB-Bestände im Leipziger Süden“ ein Gesamtkonzept für die betroffenen ca. 300 Wohnungen der LWB im Leipziger Süden erarbeiten.

Über eine Stellungnahme bis zum 31.10.2017 würden wir uns freuen.

Mit freundlichen Grüßen, Mieterinnen und Mieter der LWB im Leipziger Süden Sie erreichen uns unter der E-Mail-Adresse .

Offener Brief an die LWB gegen stille Entmietung: Mieter*innen fordern Transparenz, Beteiligung und Sozialverträglichkeit

Am 1. Februar 2017 haben 97 Mieter*innen un- und teilsanierter Häuser der städtischen Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) im Leipziger Süden einen offenen Brief an die Geschäftsführerinnen und den Aufsichtsrat der LWB geschickt. In diesem machen die Mieter*innen auf die “stille Entmietung” ihrer Häuser aufmerksam.

In diesen Häusern, die insgesamt ca. 340 Wohneinheiten im Leipziger Süden umfassen, werden frei werdende Wohnungen teilweise seit Jahren nicht mehr neu vermietet. Der Leerstand beläuft sich mittlerweile je nach Haus auf 10% bis 80% der Wohneinheiten.

Die Bewohner*innen stört die intransparente Informationspolitik darüber, was die LWB mit den Häusern vorhat. Es empört sie aber auch, dass in Zeiten knapper werdenden bezahlbaren Wohnraums in Leipzig ausgerechnet Wohnungen in kommunalem Besitz leer stehen, obwohl sie vermietbar wären.

Im offenen Brief fordern die Mieter*innen die Vermietung leer stehender Wohnungen, Transparenz bei der Planung von etwaigen Sanierungsvorhaben, sozialverträgliche Mieten auch nach möglichen Sanierungen oder Instandsetzungen, eine Beteiligung der Mieter*innen an den Planungen sowie die Bereitschaft der LWB, Modelle der Mieter*innenselbstverwaltung zu erproben.

Die Mieter*innen bitten die LWB bis zum 31. März 2017 um eine Stellungnahme zu den von ihnen benannten Fragen und Forderungen. Anbei finden Sie den Brief zur Verwendung bei Ihrer Berichterstattung.

Das Netzwerk “Leipzig-Stadt für alle” unterstützt die Forderungen der LWB-Mieter*innen und fordert die Verantwortlichen auf, auf den Offenen Brief angemessen zu reagieren.


Download Offener Brief der Mieterinnen und Mieter der LWB im Leipziger Süden (PDF, 169kB)

Schluss mit der Mogelpackung!

PRESSEMITTEILUNG vom 21. August 2016

In einer ausführlichen Stellungnahme analysiert „Leipzig – Stadt für alle“ das Vorgehen des Liegenschaftsamtes beim „Modellvorhaben“ zur Vergabe städtischer Grundstücke im „Konzeptverfahren“. Das Netzwerk fordert einen sofortigen Abbruch des laufenden Verfahrens und unterbreitet Vorschläge für eine soziale Liegenschaftspolitik unter Aufsicht eines ‚Runden Tisches‘.

Die vom Liegenschaftsamt betriebene „Konzeptveräußerung“ von fünf städtischen Grundstücken hintergeht in eklatanter Weise die gültige Beschlusslage des Stadtrates! Tatsächlich handelt es sich beim angewendeten Verfahren um eine verdeckte Höchstpreisveräußerung.

Entgegen einem Stadtratsbeschluss vom April 2015 werden weiterhin Verkäufe anstatt Vergaben im Erbbaurecht geplant. Ebenso wird die gemäß dem eben erst verabschiedeten Wohnungspolitischem Konzept besondere Förderwürdigkeit kooperativer Wohnformen komplett ignoriert. Stattdessen will das Liegenschaftsamt städtisches Eigentum weiterhin an Private und profitorientierte Investoren verkaufen. So kann auf den städtischen Grundstücken der in Leipzig dringend benötigte bezahlbare Wohnraum nicht entstehen.

Der Verdacht liegt nahe, dass das Liegenschaftsamt mit seinem „Modellvorhaben“ ein Scheitern des Instruments Konzeptvergabe provozieren will. Es wurden insbesondere für nicht profitorientierte Erwerber ungeeignete Grundstücke ausgewählt. Tobias Bernet vom Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“: „Bei der Hermann-Liebmann-Straße 43 handelt es sich um ein denkmalgeschütztes, aber durch jahrelange Untätigkeit des Liegenschaftsamtes mittlerweile ruinöses Gründerzeithaus, das die Stadtverwaltung vor wenigen Jahren noch abreißen wollte. Nun verlangt das Liegenschaftsamt dafür als Mindestgebot 300.000 Euro.“

Da das „Modellvorhaben“ schlicht kein Konzeptverfahren ist und die Entscheidungsfindung bei den geplanten Vergaben darüber hinaus völlig intransparent, müssen Stadtrat, Bürgermeister_innen und Stadtverwaltung die Einhaltung der geltenden stadträtlichen Beschlusslage gegenüber dem Liegenschaftsamt durchsetzen und das laufende Verfahren abbrechen, wenn es ihnen mit einer sozialen Stadtentwicklungspolitik ernst ist.

„Bei einer Neuauflage einer echten Konzeptvergabe im Erbbaurecht muss ein ‚Runder Tisch‘ mit Vertreter_innen der Stadtverwaltung, der Stadtratsfraktionen, der Wissenschaft und verschiedener kooperativer und gemeinnützig orientierter Wohnprojekte federführend sein und jeden Schritt des Verfahrens transparent begleiten“ fordert Cilia Lichtenberg von „Leipzig – Stadt für alle“. „Schließlich gibt es aus anderen Städten – aktuell z. B. Dresden – genügend positive Vorbilder für ein echtes Konzeptverfahren, das mithelfen könnte, in Leipzig eine aktive Liegenschaftspolitik als Teil einer sozialen Wohnungspolitik auf den Weg zu bringen“, so Lichtenberg weiter.

Eine ausführliche Analyse und Argumentation finden Sie in der beiliegenden Stellungnahme.


Pressekontakt: Tobias Bernet und Cilia Lichtenberg
für das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“

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Öffentliche Stellungnahme: Wo bleibt die wohnungspolitische Diskussion zum Wilhelm-Leuschner-Platz?

Pressemitteilung vom 25. November 2015

Nach dem Aus für das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz wurde bei der Entwicklung der größten innerstädtischen Brache mehrere Gänge zurückgeschaltet. Nun soll es jetzt auf einmal ganz schnell gehen. Für die nächste Ratsversammlung am 16.12.2015 ist eine Beschlussfassung der Vorlage „Leitlinien für die Weiterführung des Aufstellungsverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 392 ‚Wilhelm-Leuschner-Platz/Ost‘“ vorgesehen. In dieser heißt es: „Städtebauliche Grundlage bleibt die im Rahmen einer Städtebauwerkstatt entwickelte Arbeit von Prof. Wolf/Prof. Pelčák. Diese lag dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan-Nr. 392 zugrunde (Beschluss-Nr. RBV-815/11 vom 18.05.2011).“

Diese Festlegung wird von der „Initiative Leipziger Architekten“, darunter Mitglieder aus dem Bund Deutscher Architekten (BDA), dem Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V. (BDB), der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V. (SRL), dem Stadtforum Leipzig und Pro Leipzig, und anderen Bürger_innen dieser Stadt stark kritisiert. Selbst innerhalb der Fraktionen herrscht keine Einigkeit. So hat etwa der Stadtrat William Grosser gegen die Mehrheit seiner Kolleg_innen in der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat zu Leipzig einen Änderungsantrag eingereicht, in dem es heißt: „Die Leitlinien für die Weiterführung des Bebauungsplanes Nr. 392 ‚Wilhelm-Leuschner-Platz/Ost‘ werden auf der Grundlage des Vorschlages der Initiative Leipziger Architektenverbände neu überarbeitet. Ziel ist eine kleinteilige Baustruktur zur Anbindung der Innenstadt an die Quartiere im Süden und die Wiederherstellung eines Wilhelm-Leuschner-Platzes in den Formen des alten Königsplatzes.“

Die Diskussionen werden bislang vor allem um städtebauliche Aspekte geführt, v. a. um die Frage, ob es einen großen zentralen Platz mit ca. 16.000 m² („Esplanade“) geben oder ob der ehemalige Königsplatz mit ca. 9.000 m² in seinen Baufluchten wiederhergestellt werden soll. Eine „Markthalle“ ist gesetzt und soll von der Stadtbau AG errichtet werden, wobei darunter offenbar sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Supermarkt mit extra großem Gemüsestand bis zu einer Markthalle nach dem Vorbild europäischer Metropolen existieren.

Bislang kaum diskutiert werden jedoch die sonstigen künftigen Nutzungen der Gebäude, vor allem nicht die Wohnungen, ihre Zahl, ihre künftigen Verkaufs- und Mietpreise und ihre potenziellen Bauherren und Eigentümerinnen. Hierzu heißt es in den Leitlinien lediglich: „Wohnungen: der Mindestwohnanteil wird mit 20% der Geschossfläche im nördlichen Quartier und 40% der Geschossfläche im südlichen Quartier festgelegt. Im nördlichen Quartier sollen die Wohnungen horizontal mit anderen Nutzungen gemischt werden, im südlichen Quartier sind zur Windmühlenstraße und zur Brüderstraße auch Einzelgebäude mit ausschließlicher Wohnnutzung vorstellbar (vertikale Mischung) … .“

Wohnungspolitische Instrumente wie etwa eine Quotierung bei der Schaffung von Miet- und Eigentumswohnungen und bei Größen und Preissegmenten, die Vergabe der im kommunalen Besitz befindlichen Bauflächen im Erbbaurecht an die LWB, Genossenschaften und private Eigentümer – von dazu bereiten Investoren bis hin zu Zusammenschlüssen mehrere kleinerer Baugemeinschaften – mit entsprechenden Festlegungen im Erbbaurechtsvertrag, die Erhöhung der Zahl von Wohnungen mit kommunalen Mietpreis- und Belegungsbindungen durch unmittelbare und vor allem durch mittelbare Bindungen (also in anderen Bestandswohnungen der Bauträger im Stadtgebiet) und andere mehr werden bislang weder öffentlich diskutiert noch sollen solche Festlegungen anscheinend Teil des Bebauungsplanes werden.
Wozu wurde ein Wohnungspolitisches Konzept der Stadt Leipzig verabschiedet, wenn die Stadtverwaltung und Kommunalpolitik offenbar nicht einmal auf ihren eigenen zentralen innerstädtischen Bauflächen über eine Anwendung der in dem Konzept beschriebenen wohnungspolitischen Instrumente nachdenken möchte?

Roman Grabolle formuliert für das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“: »In anderen Städten werden um Grundstücke von ähnlich zentraler Bedeutung intensive politische Debatten geführt. So wird in Jena seit Jahren um die Bebauung des Eichplatzes bzw. des ehemaligen Platzes der Kosmonauten gerungen. In Berlin fordert das Bündnis „Stadt von unten“ für das Dragonerareal in Kreuzberg „100% kommunalen und selbstverwalteten“ Wohnungsbau. Das wäre auch für den Leuschnerplatz eine geeignete Zielvorgabe! Wir wünschen uns folglich im Ausschuss Stadtentwicklung und Bau und in der Ratsversammlung weniger Basta!-Entscheidungen mit dem lapidaren Verweis auf eine Bürger_innenbeteiligung, die vor fünf Jahren unter gänzlich anderen Voraussetzungen verlief.«

Leipzig braucht eine erneute öffentliche Diskussion über die künftige Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes und des „Markthallenviertels“, die aber nicht bei Baufeldern, Platzgrößen und Fassadengestaltungen stehen bleiben darf, sondern sich viel stärker als bisher um die Nutzungsarten und dabei insbesondere um die Zahl, Größe und Bezahlbarkeit der Wohnungen und um die mögliche Rolle der städtischen Tochter LWB, der Genossenschaften, Baugemeinschaften und renditeorientierten Bauunternehmen wie z. B. der Stadtbau AG drehen sollte.

Die Ergebnisse der öffentlichen Diskussion müssen in solche zentralen Leitlinien und vor allem bereits in den Entwurf des Bebauungsplanes eingearbeitet werden und können nicht im normalen B-Plan-Verfahren irgendwie mitdiskutiert werden. Dazu wird deutlich mehr Zeit als bis zur nächsten Stadtratssitzung kurz vor Weihnachten benötigt.

»In diesem Sinne wird „Leipzig – Stadt für alle“ zu Beginn des neuen Jahres für den Leuschnerplatz einen Planungsprozess „von unten“ anstoßen, der über konventionelle Formen der Bürger_innenbeteiligung hinausgeht. Gegenüber dem bestehenden Verwaltungs­zentralismus wollen wir die Kompetenzen aller, die an einer sozialen und demokratischen Stadtentwicklung interessiert sind, fruchtbar machen«, kündigt Tobias Bernet für das Netzwerk an. »Über eine breite Beteiligung am Prozess freuen wir uns sehr.«