Die Parameter der Stadtentwicklung haben sich in den letzten Jahren in Leipzig verändert: Leerstand und Stadtumbau waren gestern, aktuell sind Aufwertung, Mietsteigerungen und Verdrängungsdruck zentrale Themen der Stadtentwicklung.
Hintergrund dessen ist das dynamische Wachstum der Stadt sowie die optimistischen Prognosen: „Leipzig wächst nachhaltig“ auf 600.000 Einwohner in den nächsten zehn Jahren. Das hat den Wohnungsmarkt spürbar belebt, in den gründerzeitlichen Quartieren wird saniert und neugebaut und anschließend zu deutlich höheren Preisen vermietet. In einer Reihe von Fällen hat das zur Verdrängung geführt, in anderen Vierteln hat sich Verdrängungsdruck aufgebaut. Angesichts der relativ niedrigen Einkommen führt diese Entwicklung zu einer finanziellen Belastung von vielen Leipzigerinnen und Leipzigern. Seit Ende 2011 wird deshalb auf zahlreichen Veranstaltungen sowie in den Medien kontrovers über diese Entwicklungen und Themen diskutiert.
Die derzeitige Debatte findet in einem anderen Kontext statt und der Prozess hat seine Spezifika: So hat Leipzig immer noch einen, wenngleich moderaten Wohnungsleerstand von derzeit ca. 10 % – das sind geschätzt ca. 30.000 Wohnungen – und das Mietniveau ist im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten
relativ niedrig. Ihre politische Sprengkraft beziehen Bevölkerungswachstum, steigende Nachfrage und Mieten jedoch aus dem niedrigen Einkommensniveau in Leipzig.
Trotz deutlich gesunkener Arbeitslosigkeit gibt es einen großen Anteil an einkommensarmen Gruppen in der Stadt, Leipzig belegt seit Jahren einen der vorderen Plätze in der Armutsstatistik. Einkommensarme Gruppen sind aber schon jetzt überproportional von Mietausgaben belastet und durch Mietpreissteigerungen besonders gefährdet. Insofern sind die sich gegenwärtig abzeichnenden Mietentwicklungen für sie reale Gefahren. Wenn der Zuzug weiter anhält, werden die Mieten zunächst in den attraktiven Lagen weiter steigen, dann in anderen.
Schon jetzt gibt es in den innerstädtischen Quartieren einen Mangel an preiswerten Wohnungen, bald könnte das in der ganzen Stadt der Fall sein. Sollen Verdrängung sowie weitere Auseinandersetzungen und Konflikte vermieden werden, muss politisch reagiert werden. Notwendig sind ein politischer Paradigmenwechsel, die Überprüfung grundlegender Aussagen im Stadtentwicklungskonzept und die Neuerarbeitung eines wohnungspolitischen Konzepts!
Die zentralen Fragen dafür lauten: Wie kann preiswerter Wohnraum in vielen Vierteln erhalten werden? Wie kann neuer preiswerter Wohnraum geschaffen werden? Das sind zugleich die Fragen und Themen, die im Zentrum der Aktivitäten von „Stadt für alle“ stehen.