Wohnungspolitik in Leipzig
Stellungnahme und Forderungen zur Überarbeitung des Wohnungspolitischen Konzepts und Wohnraumversorgungskonzepts 2009
Wohnungspolitik gehört derzeit zu den wichtigsten Themen der Stadtentwicklung in Leipzig und sollte entsprechend auf die politische Agenda gesetzt werden. Die aktuellen Entwicklungen auf dem Leipziger Wohnungsmarkt waren und sind Gegenstand zahlreicher öffentlicher Veranstaltungen, einer kontinuierlichen medialen Berichterstattung und fanden schließlich auch Eingang in die Wahlkämpfe – den OBM-Wahlkampf 2012/2013 und den Bundestagswahlkampf 2013. Stand anfangs das Thema der Gentrifizierung im Zentrum der wohnungspolitischen Diskussionen, so rückten mittlerweile die allgemeine Mietentwicklung und die Erhaltung bzw. Schaffung preiswerten Wohnraums in den Fokus. Dazu wurden in den letzten Monaten eine Reihe von Forderungen aufgestellt bzw. Vorschläge gemacht: Mietobergrenzen, sozialer Wohnungsbau, verträgliche Sanierung etc.
Eine der Forderungen, die mittlerweile auch im Stadtrat verhandelt wird, ist die nach einer Überarbeitung des Wohnungspolitischen Konzepts der Stadt Leipzig aus dem Jahr 2009. Das Netzwerk Stadt für alle hat diesbezüglich folgende Forderungen und Vorschläge:
1. Das Wohnungspolitische Konzept bedarf einer grundlegenden Überarbeitung.
Die Daten und darauf fußenden Prognosen des Wohnungspolitischen Konzepts stammen aus den Jahren 2007-2008, teilweise sogar von 2004. Diese müssen angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Leipziger Wohnungsmarkt als überholt angesehen werden.
Es bedarf vor allem folgender Überarbeitungen:
- einer Neubestimmung der Wohnungsmarktsegmente (Mietspannweiten, Bestandszahlen),
- einer Betrachtung des gesamten Wohnungsmarktes, insbesondere der deutlich steigenden Zahl von Neubauten und Sanierungen im höherpreisigen Segment sowie deren Auswirkungen auf andere Segmente (Untersuchung sogenannter Sickereffekte und Umzugsketten),
- der Analyse und Prognose von Angebot und Nachfrage in den einzelnen Segmenten in den nächsten 10 bis15 Jahren (Einerseits ist im derzeit gültigen Konzept von 2009 ist häufig bereits das Ende der Prognosezeiträume erreicht, andererseits wird laut Oberbürgermeister Burkhard Jung eine Einwohnerzahl von 600.000 im Jahr 2022 angestrebt.)
- Aussagen zu Strategienund Steuerungsinstrumenten in allen Segmenten,
- einer Untersuchung der Frage, wie künftigl dämpfend auf Segregation eingewirkt werden kann,
- einer differenzierten und kleinräumigen Analyse des Wohnungsleerstands unter Berücksichtigung der marktaktiven und sanierungsfähigen Wohnungen, ihrer Baualtersklassen und ihrer Lage innerhalb der Stadt sowie der für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendigen Umzugsreserve.
2. Das Wohnungspolitische Konzept als wichtiges Instrument der kommunalen Politik.
Der Leipziger Wohnungsmarkt hat sich durch die gestiegene Nachfrage spürbar belebt. Die Reduktion des Leerstands („Stadtumbau“) kann daher nicht mehr als das vornehmliche Ziel der Stadtentwicklungspolitik angesehen werden. Die Erhaltung bzw. Schaffung von preiswertem Wohnraum muss in allen Ortsteilen die wichtigste Aufgabe der kommunalen Wohnungspolitik in Leipzig und darf kein Randthema bleiben, das lediglich in einer „Vertiefung“ eines älteren Konzeptes behandelt wird.
Diese muss freilich mit anderen Zielen bzw. kommunalen Politikfeldern in Einklang gebracht werden. Dazu zählen vorrangig:
- der Stadtumbau bzw. die Stadterneuerung,
- die altersgerechte und energetische Modernisierung der Bestände,
- die Anpassung der Unternehmensziele des kommunalen Wohnungsunternehmens LWB an die (neuen) wohnungspolitischen Ziele der Stadt,
- die Entwicklung der Sätze für die Kosten der Unterkunft (KdU) und des Wohngelds,
- der finanzpolitische Rahmen, der mit der Verabschiedung des Entschuldungskonzepts im Juli 2012 gesetzt wurde.
3. Kommunale Wohnungspolitik geht alle an!
Die Erarbeitung des neuen Wohnungspolitischen Konzepts kann nicht allein die Aufgabe von Verwaltung bzw. ExpertInnen sein. Sie ist ein Anliegen von großem öffentlichem Interesse.
Hier kann an Ansätze der Zukunftsdiskussion mit Bürgerbeteiligung wie „Leipzig weiter denken“ angeknüpft werden. begonnenen Zukunftsdiskussion mit Bürgerbeteiligung, es sollte daher in diesen Rahmen aufgenommen und selbst Gegenstand von Bürgerbeteiligung werden.
Diese Beteiligung muss:
- von Anfang an etabliert werden,
- unterschiedliche Formen (öffentliche Veranstaltungen, Werkstätten, Online-Beteiligung u.ä.) umfassen,
- in
zentrale Planwerke einfließen. - darf keine weitere belanglose „Bürger-dürfen-auch-mal-was-sagen-Beteiligung“ werden, die nur den möglichen Widerstand verhindern soll (Beteiligung statt Akzeptanzmanagement!)
Wir, die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, wollen von Anfang an mitreden!
Wir fordern: Das wohnungspolitische Konzept muss grundlegend neu erarbeitet werden – unter Einbeziehung aller, die davon betroffen sind!
Leipzig, September 2013
Info:
Das Leipziger Netzwerk Stadt für alle existiert seit 2012 und setzt sich für eine soziale und demokratische Stadtentwicklung ein. Ziel ist es Verdrängung und Segregation zu verhindern, das Wohnen für alle langfristig bezahlbar zu halten und notwendige Freiräume zu erhalten und neu zu schaffen. Stadt für alle bündelt Aktive aus der Zivilgesellschaft, Politik, Wissenschaft und gemeinnützig orientierten Wohnprojekten.