Leipzig: #WoPoLE. Debatte um #Bevölkerungswachstum und #Wohnungsbaubedarf muss nicht nur im #srle intensiver geführt werden
In der BILD Leipzig äußert sich der Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Lipsia eG, Wilhelm Grewatsch, heute zu den größeren Neubauvorhaben wie am Bayerischen Bahnhof und Eutritzscher Freiladebahnhof. Er fürchtet, dass der seit fünf Jahren zu verzeichnende Zuzug nach Grünau bald wieder versiegt oder sich gar wieder umkehrt, wenn nun Wohnungen in der Stadtmitte neu gebaut werden. Dem Grünauer Aufwärtstrend könne nun ein plötzliches Ende drohen. „So ein City-Großbauprojekt kann Grünau schaden, das Wachstum und die mühevoll errungene Konsolidierung gefährden!“
Bis etwa 2025 oder später sollen in der Stadtmitte auf dem Gelände des früheren Eutritzscher Freiladebahnhofs ca. 2000 Wohnungen, davon 30 Prozent Sozialwohnungen (https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1373203492737718), auf dem Areal am Bayerischen Bahnhof ca. 3000 Wohnungen (bislang ohne konkrete Aussagen zur Anzahl der Sozialwohnungen; https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1377683912289676), auf dem Gelände des ehemaligen Krystallpalastes zwischen Brandenburger Straße und Wintergartenstraße etwa 340 Wohnungen und Studierendenapartments (http://www.leipzig.de/news/news/innerer-osten-ein-quartier-entwickelt-sich/) und auf der Preußenseite (Westseite) des Hauptbahnhofs 700 Wohnungen, davon 30 % Sozialwohnungen (https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1350120475046020), entstehen. Zusammen sind dies in ca. sieben bis zehn Jahren etwa 6000 Wohnungen, davon bestenfalls etwas über 800 bis maximal 1700 Sozialwohnungen.
Wilhelm Grewatsch dazu: „Es stellt sich die Frage, ob der aktuell geplante massive Neubau von über 10 000 Wohnungen in gleich vier zentrumsnahen Stadtgebieten die mühsam erreichten Erfolge in Grünau und anderen vergleichbaren Stadtvierteln nicht konterkariert.“ Grünau habe bereits erschlossene Baufelder für mehr als 3000 Wohnungen. „Warum die Stadt die nicht nutzt, ist mir unverständlich!“. Auch Jörg Keim, Vorstandsmitglied der WBG Kontakt e.G., möchte nicht ausschließen, dass einige Grünauer_innen in die neuen zentrumsnahen Quartiere abwandern. „Besonders schade ist, dass da noch keine Genossenschaft ins Boot geholt wurde. Auch über Sozialwohnungen schwebt ein Fragezeichen.“
Dazu von der BILD Leipzig befragt, erklärte die Stadtbau AG: „Wir wollen bezahlbaren und zeitgemäßen Wohnraum für den Querschnitt der Bevölkerung zu marktgerechten Preisen bauen.“ So sollen am Dösner Weg zu 30 Prozent Wohnungen entstehen, die den Förderkriterien für soziales Wohnen entsprechen. In welcher Höhe sich die Mieten am Ende aber tatsächlich bewegen, könne man noch nicht beziffern.
Auch wir finden es schade, dass Wohnungsbaugenossenschaften und die kommunale LWB auf den genannten vier großen innerstädtischen Bauflächen bislang nicht zum Zuge kommen sollen. Dies hat aber vor allem damit zu tun, dass es zum Beispiel beim Bayerischen Bahnhof von der Stadt Leipzig versäumt wurde, das Gelände rechtzeitig von der Deutschen Bahn anzukaufen, und es stattdessen von dem privaten Investor Stadtbau AG erworben wurde.
Die Bedenken von Lipsia-Vorstand Wilhelm Grewatsch jedoch erscheinen angesichts des prognostizierten Bevölkerungswachstums auf ca. 700.000 Einwohner_innen im Jahr 2030 und des damit verbundenen Wohnungsbedarfs einigermaßen absurd. Im aktuellen Monitoringbericht Wohnen 2016/2017 heißt es dazu: „Die städtische Bevölkerungsvorausschätzung 2016 erwartet in ihrer Hauptvariante einen Zuwachs um fast 154.000 Personen (+27 Prozent) auf rund 722.000 Einwohner bis 2030, in ihrer unteren Variante um 106.000 auf 674.000 Einwohner. Die Stadtverwaltung rechnet mit einer Nachfrage nach ca. 51.000 bzw. 78.000 Wohnungen. Gedeckt werden kann sie durch Sanierung derzeit nicht bewohnbarer Häuser und Bauen im Bestand – vor allem Ausbau von Dachgeschossen, auch Umnutzung alter Fabrikgebäude usw. – sowie durch Neubau von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Ausgehend von einer Reaktivierung von ca. 7.100 leer stehenden Wohnungen und einer weiteren Bautätigkeit im Bestand (ca. 3.400 Wohnungen) erfordert das prognostizierte Wachstum bis 2030 den Neubau von Mehrfamilienhäusern mit 33.000 bzw. 59.000 Wohnungen“ (Pressemitteilung der Stadt Leipzig vom 22.3.2017: https://www.leipzig.de/news/news/monitoringbericht-wohnen-2016-2017-trends-und-tatsachen-in-leipzig/, LVZ vom 22.3.2017: http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipzig-waechst-jedes-Jahr-um-3000-Wohnungen-aber-das-reicht-noch-nicht).
Die Stadträtin Dr. Sabine Heymann, CDU-Fraktion Leipzig, hatte kürzlich festgestellt: „60.000 Wohnungen brauchen wir bis 2030, wenn wir weiter so wachsen.“ (http://www.cdu-fraktion-leipzig.de/2017/04/12/sozialwohnungsbau-keine-unrealistischen-erwartungen-wecken/), auch wenn sie stattdessen lieber ca. 50.000 leerstehende Wohnungen im Umkreis von 50 km, also im Gebiet zwischen Torgau, Gera, Querfurt und Köthen beziehen lassen und kein Geld für Wohnungsbauförderung in Leipzig ausgeben würde (https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1357386264319441). Ihr Parteifreund Ansbert Maciejewski – Stadtrat für den Leipziger Nordosten würde am liebsten weder in der Innenstadt noch in Grünau oder anderswo Mehrfamilienhäuser errichten und schlägt stattdessen vor: „aber das dauernde verdichten der Bebauung nervt mich ziemlich. man sollte lieber mal paar eigenheimbaugebiete ausweisen, damit die häuslebauer nicht alle nach Delitzsch oder Eilenburg abwandern… „. Denn: „die ständige verdichterei ohne hinreichende Stellplätze und Freiflächen ist verantwortungslos. wenn sie gern in straßenschluchten wohnen, hindert sie niemand, … . davon gibt’s genug in Leipzig. man muss keine zusätzlichen schaffen.“
Angesichts des Wohnungsbaubedarfes auf der einen und der Beiträge etwa der beiden Genossenschaftsvorstände und (CDU-)Stadträt_innen auf der anderen Seite sollten wir die Debatte um Verdichtung, um vorhandene und noch zu erschließende Bauflächen und die künftige Rolle der Großwohnsiedlungen wie Grünau und Paunsdorf offenbar deutlich intensiver führen als bislang – nicht nur, aber auch im Stadtrat.
Nur nebenbei: Allein zwischen Januar und März 2017 sind weitere 2747 Einwohner_innen mit Hauptwohnsitz hinzugekommen, davon 1713 mit deutschen und 1034 mit einem anderen oder ohne Pass (http://statistik.leipzig.de/statcity/table.aspx?cat=2&rub=4&obj=0). Damit hatte Leipzig vor etwas über einem Monat 582.277 Einwohner_innen mit Hauptwohnsitz, Tendenz weiter steigend. Der Wanderungssaldo war im ersten Quartal 2017 etwas geringer als im ersten Quartal des Vorjahres, dafür wurden 183 Kinder mehr geboren (+12 %, https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1379734968751237). Damit dürfte auch 2017 wieder ein ähnlicher positiver Wanderungssaldo wie 2016 von 13.193 ein Geburtenüberschuss von über 1000 erreicht werden (https://www.facebook.com/LeipzigStadtFuerAlle/posts/1268663636525038). All diese Menschen müssen Wohnungen finden.
Im ersten Quartal 2017 ist die Zahl der wohnberechtigten Einwohner_innen, also der mit Haupt- und Nebenwohnsitz, um 50 zurückgegangen. Doch dürfte der Grund dafür in erster Linie bei Abmeldungen von Nebenwohnsitzen und einige Ummeldungen auf Hauptwohnsitze liegen, nachdem seit Jahresbeginn auch Auszubildende und Studierende mit Hauptwohnsitz in der elterlichen Wohnung und andere in Leipzig Zweitwohnungssteuer zahlen müssen.
CDU-Fraktion Leipzig, Fraktion DIE LINKE im Stadtrat zu Leipzig, SPD-Fraktion Leipzig, Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Leipzig, Freibeuter-Fraktion (FDP im Leipziger Stadtrat, Piratenlily, Naomi-Pia Witte), Burkhard Jung, Stadtverwaltung Leipzig
LVZ Leipziger Volkszeitung, Leipziger Internet Zeitung, Leipziger Zeitung, TAG24 Leipzig, Leipzig Fernsehen, Radio Leipzig, mephisto 97.6, Radio Blau, …