Schland: »Wohnen muss demokratisch werden«. Enrico Schönberg vom #MietshäuserSyndikat im @Jungle_World-Interview über Direktkredite, „Eigenheimer“, die Notwendigkeit von Mitbestimmung auf dem Mietmarkt und aktuelle #Wohnungspolitik
Jungle World: „Ziel des seit 1990 bestehenden Mietshäuser-Syndikats ist es, preiswerten Wohnraum zu schaffen und Immobilien langfristig dem Markt zu entziehen. Bei rund 130 Häusern in Deutschland ist dieses Konzept bereits aufgegangen. …
Julia Hoffmann: Die Mietpreise sind in den letzten Jahren in ganz Deutschland stark gestiegen. Hat sich das bei den Anfragen an Sie widergespiegelt?
Enrico Schönberg: Wir sind heute mit ganz anderen Fragen konfrontiert als in den neunziger Jahren. Damals waren es Leute, die Hausprojekte gründen, zusammen gemeinschaftlich und selbstverwaltet wohnen wollten. Das hatte unterschiedliche Ausprägungen. Heute bekommen wir Anfragen von ganz normalen Haus- und Mietergemeinschaften, die darüber nachdenken, ihr Haus zu kaufen. In den meisten Fällen sind wir kein Rettungsanker, weil die Häuser schlicht zu teuer sind. Trotzdem ist unsere Beratung hilfreich für sie, um zu verstehen, wie die Logik von Investoren funktioniert und weshalb Häuser zu einem bestimmten Preis verkauft werden. …
Julia Hoffmann: Was halten Sie von den Reaktionen der Politik auf die derzeitige Mietsituation? Reichen die bestehenden Instrumente aus?
Enrico Schönberg: Auf Landesebene sind die Bedingungen günstiger als vorher. Aber eigentlich muss die Bundesebene eine Antwort auf die Misere geben und da habe ich wenig Hoffnung. Im Koalitionsvertrag ist nichts Maßgebliches vereinbart. Boden ist zum Beispiel zu teuer auch für Kommunen. Neu zu bauen ist deswegen teuer. Dabei braucht man natürlich einen stärkeren Mieterschutz und eine Kommunalisierung, die nicht nur eine reine Verstaatlichung, sondern Demokratisierung mit sich bringt. Der Grund, weshalb ein Syndikat funktioniert, ist, dass die Mieter da etwas zu sagen haben.
Julia Hoffmann: Also doch wieder besetzen?
Enrico Schönberg: Was willst du besetzen, wenn es keinen Leerstand gibt? Dann lieber einen Mieterstreik. Der ist nur leider nicht abgesichert. Die Leute wären sofort mit Räumungsklagen konfrontiert.“
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